Kickl erhebt Anspruch auf Kanzlerschaft
„Dieses Ergebnis ist ein klarer Auftrag, fünf gute Jahre für Österreich zu bringen“, sagte Kickl unter Verweis auf den klaren Wahlsieg der FPÖ bei der Parlamentswahl vor sechs Tagen. Eine „Koalition der Verlierer“ wäre für ihn ein Schlag ins Gesicht der Wählerinnen und Wählern. Er warf den anderen Parteien, die bisher alle eine Koalition mit der FPÖ unter Kickl ausgeschlossen haben, „undemokratisches Machtgehabe“ vor. Diese hätten sich trotz großer Verluste selbst gefeiert oder die Schuld für ihren Verlust bei „undankbaren Wählern“ gesucht.
Die FPÖ beschrieb Kickl als frische patriotische Kraft, die Zuversicht, Sicherheit und Chancen für die Bevölkerung bringen werde. Eine Regierung mit ihr an der Spitze würde sich als „Werkzeug des Volkes“ verstehen. Die FPÖ wolle die Probleme, vor denen Österreich stehe, anpacken, sagte er und nannte etwa die Rezession, die „ungelöste Problematik der illegalen Zuwanderung“, eine „Kaskade der Gewalt“ und ein angeschlagenes Gesundheits- und Pflegesystem.
Was Van der Bellen in dem Gespräch sagte, wollte Kickl nicht preisgeben. „Er wird sich umgehend nach allen Gesprächen mit den Parteispitzen zu Wort melden. Er ist dann am Zug und trägt dabei große Verantwortung. Unsere Hand ist zu allen ausgestreckt“, sagte der FPÖ-Chef. Er suche einen Partner, mit dem eine stabile Zusammenarbeit gegeben sei und mit dem es die größtmögliche thematische Übereinstimmung gebe.
Gespräche mit „nötiger Ruhe“
Weiterhin offen ist somit die Frage, ob Van der Bellen Kickl mit dem Regierungsbildungsauftrag ausstatten wird. Üblicherweise geht dieser an den Vorsitzenden der stimmenstärksten Partei, laut Verfassung ist der Bundespräsident aber nicht dazu verpflichtet. In der Vergangenheit hatte Van der Bellen verlauten lassen, Kickl den Auftrag im Falle eines Wahlsiegs der FPÖ nicht automatisch zu erteilen.
Statement von FPÖ-Chef Herbert Kickl
FPÖ-Bundesparteiobmann Herbert Kickl gab nach seinem Gespräch mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen ein Statement ab. „Wir wollen die kommende Regierung anführen“, sagte er. Davor sprach er von einem „undemokratischen Machtgehabe“ anderer Parteien.
Van der Bellen hatte nach der Wahl angekündigt, zunächst mit allen Vorsitzenden Gespräche zu führen – und zwar „mit der nötigen Ruhe und in der nötigen Tiefe“. Er machte klar, „dass bei der Regierungsbildung die Grundpfeiler unserer liberalen Demokratie respektiert werden“ müssten – also Rechtsstaat, Gewaltenteilung, Menschen- und Minderheitenrechte, unabhängige Medien und die EU-Mitgliedschaft.
Die anderen Parteichefs empfängt Van der Bellen in der kommenden Woche in der Reihenfolge der Stimmenstärke: Am Montag sind ÖVP-Chef Karl Nehammer und SPÖ-Chef Andreas Babler an der Reihe, am Dienstag folgen NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger und Grünen-Chef Werner Kogler.
Unterredung zwischen Nehammer und Babler
Für Dienstag ist zudem ein Gespräch zwischen ÖVP-Obmann Karl Nehammer und SPÖ-Chef Andreas Babler geplant, berichteten „Kronen Zeitung“ und oe24.at. Es handle sich um einen informellen Austausch nach der Wahl, hieß es auf APA-Anfrage aus der ÖVP, wo man den Termin bestätigte. Noch immer sei aber Bundespräsident Van der Bellen am Zug, betonte man dort. Auch die SPÖ bestätigte das geplante Treffen. Um Verhandlungen oder Sondierungsgespräche handle es sich aber nicht, betonten beide Seiten.
Auch mit NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger will man angeblich Gespräche führen. ÖVP und SPÖ hätten bei einer etwaigen Koalition nur eine hauchdünne Mehrheit im Nationalrat. Aus diesem Grund wäre ein dritter Koalitionspartner, also NEOS oder Grüne, von Vorteil.
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