Die Landeskaiser schwächeln aus Furcht vor der FPÖ

Walter Müller

Die blauen Wahlerfolge lassen die starken Landeschefs vor ihren Regionalwahlen erzittern, anstatt dem ernsthaft etwas entgegenzusetzen

Fürchtet sich vor einem Wahlsieg der Blauen in der Steiermark: Christopher Drexler (ÖVP), noch Landeshauptmann der Steiermark.
APA/TOBIAS STEINMAURER

Wo sind sie hin, die starken Landeshauptmänner, die, wenn es um ihre Hausmacht geht, Bundespolitikern gerne zeigen, wo der Bartl den Most holt? Seit der Nationalratswahl sind die Landeskaiser ziemlich kleinlaut geworden.


Zumindest in jenen Bundesländern, in denen sie sich in nächster Zeit zur Wahl stellen müssen. Nach dem Erdrutschsieg der FPÖ bei der Nationalratswahl ist hier das große Zittern ausgebrochen. Auch eigene Umfragen der Parteien in den Bundesländern Vorarlberg, Steiermark und Burgenland, wo bald gewählt wird, verheißen für die dortigen Landeswahlen eine weitere blaue Machtdemonstration.


Die Vorarlberger Volkspartei befürchtet für den kommenden Sonntag bereits einen Sieg der Freiheitlichen bei der Landtagswahl und sorgt sich um ihren Landeshauptmannsessel. Landeshauptmann Markus Wallner, der schon eine “Es geht um alles”-Parole ausgibt, postuliert selbstbeschwörend: “Platz zwei ist unvorstellbar.”


Christopher Drexler, ÖVP-Landeshauptmann der Steiermark, geht es nervlich nicht besser. Das Bundesland wählt am 24. November, und Drexler bittet schon jetzt schriftlich: “All jene, die keine blaue Mehrheit im Land wollen, lade ich ein, der Steirischen Volkspartei ihre Stimme zu geben – oder auch nur zu leihen.” In der Steiermark fürchtet die dortigen ÖVP gar, dass, sollte Herbert Kickl im Bund nicht in Regierungsverantwortung kommen, bei der Landeswahl ein “Rachefeldzug und eine Generalmobilmachung der FPÖ” im Bundesland drohen. Wie Wallner stellt sich auch Drexler auf einen “Zweikampf” mit der FPÖ ein.

Vorarlbergs Landeshauptmann Wallner, im blauen Anzug, sucht händeringend nach Strategien gegen die FPÖ.
Markus Wallner ist am Sonntag der erste Landeshauptmann, der sich der Wahl stellen muss. Er fürchtet um die Vormacht der ÖVP in Vorarlberg und ein weiteres Erstarken der FPÖ nach der Nationalratswahl auch in seinem Bundesland.
APA/ANGELIKA GRABHER-HOLLENSTEIN

Ziemlich unrund ist auch der burgenländische SPÖ-Landeschef Hans Peter Doskozil. Er blickt bange Richtung Landtagswahl im Jänner 2025 und ist überzeugt: “Die FPÖ wird bei der Landtagswahl dazugewinnen.” Er fürchtet um seine absolute Mehrheit.


Wenn man den drei Landeshauptleuten jedenfalls so zuhört, ist der Kuchen also schon fast gegessen. Die Meinungsforscher haben die Richtung vorgegeben. Fazit: Die Blauen übernehmen auch in den Ländern das Kommando.


Regionaler Fatalismus

Das führt zur Frage, wo denn das Selbstvertrauen der Landesobersten abgeblieben ist. Warum reagieren sie so fatalistisch auf die Bedrohung durch die Kickl’schen Truppe? Nur weil es die Umfrageinstitute vorausahnen? Als sei ein blauer Wetterumschwung naturgegeben. Sie tappen in die Falle einer Selffulfilling Prophecy, glauben an die Vorhersage, verhalten sich entsprechend und wundern sich am Wahlabend, dass die Prophezeiung eingetroffen ist.


Wo aber steht festgeschrieben, dass die Parteien in den Bundesländern aus der Nationalratswahl nicht auch kluge Schlüsse ziehen, nicht die Umfragen Lügen strafen können? Niemand hindert sie daran, sich der Negativ- und Angstpropaganda der FPÖ selbstbewusst mit attraktiven regionalen Antworten und Angeboten entgegenzustellen.


Landeskaiser rühmen sich, Tag für Tag “bei den Menschen draußen” zu sein und daher genau zu wissen, wo den Wählerinnen und Wählern in ihrem Bundesland der Schuh drückt. Wenn dem so ist, brauchen sie auch keine Angst vor der blauen Gefahr aus Wien zu haben.


Es sei denn, ihre Volksnähe ist bloß inszenierte Folklore. Dann, ja dann haben sie allen Grund, den Wahlen sorgenvoll entgegenzusehen. (Walter Müller, 7.10.2024)


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