Auch Nehammer und Babler sprachen bei Van der Bellen vor
Nach der Wahl
Die beiden Parteichefs betonten in kurzen Statements die “vertrauensvollen” Gespräche hinter der roten Tapetentür. Gegenüber den Journalisten fand man wenig Worte
Sie waren die Nummer zwei und drei im traditionellen Gesprächsreigen mit dem Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen. Nachdem FPÖ-Chef und Wahlsieger Herbert Kickl am Freitag den Anfang machen durfte, wurden am Montag ÖVP-Chef Karl Nehammer und SPÖ-Chef Andreas Babler in die Hofburg geladen. Zumindest gegenüber den Journalistinnen und Journalisten hielten sich die Parteispitzen im Vorfeld und im Anschluss der Vieraugengespräche aber mit allzu umfangreichen Wortmeldungen und Festlegungen zurück.
“Vertrauensvolle” Gespräche
Die Auftritte der Parteichefs beim Bundespräsidenten folgen der immer gleichen Inszenierung: Vor dem Gespräch mit Van der Bellen werden erst einmal ausführlich und mehrfach Hände geschüttelt, das findet im Maria-Theresien-Zimmer statt und ist in erster Linie für die Fotografen und Kameraleute gedacht, die nicht nur Inhalte, sondern auch Bilder brauchen. Danach verschwindet der Präsident mit seinen Gästen hinter der roten Tapetentür, um in seinem Arbeitszimmer ein vertrauliches Gespräch führen zu können. Außer einem “Schönen guten Morgen” gab es im Falle von Nehammer keine Wortspenden für die Medien. Ein längeres Statement vonseiten des ÖVP-Chefs war am Montag nicht mehr geplant. Nach dem etwa eineinhalbstündigen Treffen berichtete Nehammer lediglich von einem “vertrauensvollen” Gespräch. Erst nach Abschluss aller Gespräche – das heißt frühestens am Dienstag oder Mittwoch – will der amtierende Bundeskanzler vor die Kamera treten.
Ähnlich gestaltete sich das Zusammentreffen mit SPÖ-Chef Andreas Babler, der um 13.30 Uhr in die Hofburg geladen war. Trotz mehrerer Versuche beantwortete er vor dem Gespräch mit Van der Bellen keine Fragen. Genauso wortkarg gab sich der Sozialdemokrat auch im Anschluss an das eineinhalbstündige Treffen: Er habe sich mit Van der Bellen in einem “sehr guten Gespräch” über “die politische Lage in Österreich” ausgetauscht. Das Gespräch sei “sehr vertrauensvoll” gewesen.
Auch der Bundespräsident ließ sich nur zu einem kurzen Kommentar hinreißen. “Super” verliefen die Gespräche, meinte er auf den Zuruf, wie es denn bisher bei den Besprechungen laufe.
Meinl-Reisinger und Kogler bilden Abschluss
Das Staatsoberhaupt hat im Vorfeld angekündigt, mit allen ins Parlament gewählten Parteien “mit der nötigen Ruhe und der nötigen Tiefe” Gespräche zu führen. Nach den Terminen mit den drei Erstplatzierten werden Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger und Grünen-Chef Werner Kogler am Dienstag den Abschluss machen. Dann könnte sich auch der Bundespräsident selbst mit einer ersten Bilanz der vergangenen Tage zu Wort melden.
Zwar legt die Verfassung rechtlich nicht fest, bis wann eine neue Regierung feststehen muss bzw. wie die Regierungsbildung vonstattengeht – üblicherweise erteilt aber der Bundespräsident im Anschluss an seine Gespräche mit den Parteichefs den Auftrag zur Bildung einer neuen Regierung. Ob Van der Bellen auch der Usance der vergangenen Jahre folgt und die stimmenstärksten Partei, in dem Fall die FPÖ, damit beauftragt, hat er bisher offen gehalten. In der Vergangenheit deute er jedoch mehrmals an, den FPÖ-Chef nicht automatisch mit der Regierungsbildung zu beauftragen. Was er sich von der neuen Regierung erwarte, formulierte Van der Bellen dafür recht deutlich: Die Grundpfeiler der liberalen Demokratie müssten berücksichtigt werden. Das beinhalte etwa den Rechtsstaat, die Gewaltenteilung, die Menschen- und Minderheitenrechte, unabhängige Medien und die EU-Mitgliedschaft.
Dass es eine FPÖ-Regierung nur mit ihm als Bundeskanzler gebe, habe er jedenfalls im Gespräch mit dem Bundespräsidenten erneut betont, sagte FPÖ-Chef Kickl in einer Pressekonferenz am Samstag. Und: “Eine künftige Regierung ist nur dann stabil, wenn zwei Parteien mit einem deutlichen Mandatsüberhang regieren und wenn es eine größtmögliche Übereinstimmung gibt.” Kickl spielte damit wohl auf eine Koalition der Freiheitlichen mit der ÖVP an – die SPÖ lehnt eine Zusammenarbeit mit den Blauen ab.
Treffen zwischen ÖVP und SPÖ
Mögliche Koalitionsvarianten dürften auch Thema der ersten “informellen Gespräche” werden, die ebenfalls bereits am Dienstag zwischen den Parteien starten. Sowohl die ÖVP als auch die SPÖ bestätigten ein Treffen ihrer Parteispitzen. Auch mit Meinl-Reisinger sollen Gespräche geplant sein. Aber: Offizielle Koalitionsverhandlungen oder Sondierungsgespräche seien das noch nicht, erst sei der Bundespräsident am Zug, betonen beide Seiten. Es handle sich lediglich um einen Austausch nach der Wahl.
Die beiden Großparteien hatten sich während des Wahlkampfs mehrmals gegen eine Regierung mit der FPÖ unter Kickl ausgesprochen. Insgesamt hätten die SPÖ und ÖVP gemeinsam nur eine hauchdünne Mehrheit im Nationalrat. Aus diesem Grund steht eine mögliche Dreierkoalition mit den Neos oder den Grünen im Raum. (awie, 7.10.2024)
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