Magerer Mitgliederzuwachs seit Fußis roter Duellansage gegen SPÖ-Chef Babler

Sozialdemokratie

Seit Rudolf Fußis Rede traten 130 neue Mitglieder in die SPÖ ein. Nicht alle davon dürften auf sein Konto gehen. Dafür konnte der PR-Berater einen früheren Wiener Vize-Bezirksvorsteher der Grünen auf seine Seite ziehen

Rudolf Fußi bei einer Pressekonferenz im APA-Pressezentrum.
Glaubt fest daran, Andreas Babler bald bei einer Mitgliederwahl herausfordern zu können: der PR-Berater Rudolf Fußi.
APA/HANS KLAUS TECHT

Mehr als 2000 Mails, 200 Anrufe, unzählige Nachrichten: Angeblich kann sich Rudolf Fußi dieser Tage vor Aufmerksamkeit gar nicht retten. “Der Fluch der heutigen Zeit”, sagte der PR-Berater in einem mehrseitigen Interview mit der Sonntagskrone. Seit Fußi vergangene Woche angekündigt hatte, Andreas Babler per roter Basiswahl als SPÖ-Chef ablösen zu wollen, gebe es obendrein “viele Parteibeitritte”, schrieb Fußi auf X. “Spannende Leute dabei, die noch nie vorher SPÖ wählten. Werden ein paar davon in den nächsten Tagen vor den Vorhang holen.”


Allzu groß fällt der rote Mitgliederzuwachs bisher aber nicht aus. Wie die Partei auf Nachfrage mitteilt, zählt die SPÖ 130 neue Mitglieder seit Fußis Rede am 9. Oktober, in der Fußi der SPÖ einen “erbärmlichen Zustand” attestiert und seine Pläne dargelegt hatte. 50 bis 60 Eintritte entfielen auf den Tag selbst, ist aus der roten Parteizentrale zu hören. Seither halte sich die Zahl “in Grenzen”. Zudem ist unklar, wie viele Anhängerinnen und Anhänger tatsächlich wegen Fußi in die Partei eingetreten sind. Weil die Neo-Mitglieder in der Regel nicht angeben, warum sie beigetreten sind. Und darüber hinaus betreibt die SPÖ gerade selbst eine Kampagne unter dem Motto “Mach mit uns weiter”. Gut möglich also, dass von den 130 Neuankömmlingen nicht alle auf Fußis Konto gehen.


Grüne Hilfe aus dem Theaterbezirk

Unbekannt bleibt bisher auch, wie viele Mitglieder Fußi bereits ihre Stimme gegeben haben. Auf Nachfrage des STANDARD spricht Fußi von “hunderten” unterschriebenen Formularen, die angeblich eingescannt per Mail bei ihm eingingen. Zur Erinnerung: Um eine Basiswahl zu erzwingen, muss Fußi bis Ende Dezember zehn Prozent der etwa 140.000 roten Mitglieder überzeugen. Fußi glaubt, im November alle nötigen Stimmen beisammen zu haben. Seriös überprüfen lässt sich das nicht.


Einer von Fußis neuen Mitstreitern ist jedenfalls Alexander Spritzendorfer. Der Gründer des früheren Plattenlabels Spray Records arbeitete einst mit Dirk Stermann und Christoph Grissemann oder Bands wie Alkbottle zusammen. Und Spritzendorfer, 61 Jahre alt, war bisher eigentlich fest in der Struktur der Grünen eingebunden: Anfangs im Kulturreferat im Parlamentsklub, später als Landesgeschäftsführer der Kärntner Grünen oder als Klubsekretär in Niederösterreich, ehe er von 2010 bis 2020 für die Grünen stellvertretender Bezirksvorsteher in der Josefstadt war. Im vergangenen Jahr veröffentlichte Spritzendorfer dann eine Biografie über den einstigen Wiener Bürgermeister Karl Seitz (SPÖ).


“Mir ist egal, welche Chancen er hat”

Nun hat Spritzendorfer einen Mitgliedsantrag ausgefüllt, um in die SPÖ einzutreten – wegen Fußi. Warum? “Ich kenne den Rudi schon sehr lange”, sagt Spritzendorfer. Anfangs habe er Fußi mit einer Skepsis betrachtet. Denn: “Seine Art ist oft nicht leicht verdaubar.” Seit sich Fußi und Spritzendorfer aber unabhängig voneinander beide im Waldviertel niedergelassen haben, sei der Kontakt intensiver geworden. Man treffe sich immer wieder in kleinen Runden mit Freunden und Bekannten und tausche sich aus. “Da habe ich ihn schätzen gelernt und halte ihn für einen eloquenten und klugen Menschen.” Fußis “brillante” Rede sei letztlich ausschlaggebend dafür gewesen, dass Spritzendorfer die politischen Seiten wechselt.


Aber traut Spritzendorfer seinem Freund zu, die SPÖ zu übernehmen? “Mir ist es egal, welche Chancen er hat”, sagt der Ex-Grüne. “Ihm glaube ich auch.” Er unterstütze wie Fußi die Bewegung, die Andreas Babler in Gang zu setzen versucht habe, die aber an “parteiinternen Widerstandsstrukturen” zerschellt sei. “Alle, die gegen die Apparatschiks aufstehen, müssen wir als Zivilbevölkerung unterstützen, egal in welchen Parteien sie sind.” Wenn das, was Fußi mache, “verrückt sein soll, dann wünsche ich mir mehr Verrückte, denn schau, wohin uns die ‘normalen’ Leute hingebracht haben”.

Wegen Andreas Bablers Vorzugsstimmen-Kampagne hätte Spritzendorfer übrigens im Zuge der letzten niederösterreichischen Landtagswahl beinahe schon einmal zur SPÖ gefunden: “Den finde ich super.” Eingetreten ist Spitzendorfer damals aber noch nicht. Fußi hat ihn nun dazu gebracht. Aber nicht er allein. Das Feld “Geworben von” in Spritzendorfers Mitgliedsantrag muss sich Fußi mit einem roten Stück Geschichte teilen: Karl Seitz. (Jan Michael Marchart, 15.10.2024)

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