Babler: “Meinung zu Kickl und FPÖ hat sich nicht geändert”

Nach der Wahl

Nach ÖVP-Chef Nehammer erteilt nun auch der SPÖ-Chef den Freiheitlichen eine Absage hinsichtlich einer Regierungszusammenarbeit. Geht es nach Babler, braucht Österreich nun ein “breites Bündnis”

Andreas Babler
SPÖ-Chef Andreas Babler hält an seinem Standpunkt gegenüber der FPÖ fest.
APA/TOBIAS STEINMAURER

Eigentlich hätte es am Donnerstag schon stattfinden sollen, am Freitag war es dann so weit: Die Parteichefs von SPÖ und FPÖ trafen einander zu einem Gespräch. SPÖ-Chef Andreas Babler betonte danach, dass für ihn feststehe, dass mit der FPÖ “kein demokratischer Staat in der Regierung” zustande kommen kann. Seine Meinung zur FPÖ und zu Herbert Kickl habe sich nach dem Gespräch nicht verändert.


In fünf Punkten führte Babler aus, wo die wesentlichen Unterschiede zwischen den Positionen der beiden Parteichefs liegen. Er nannte etwa Kickls Einstellung zu den rechtsextremen Identitären, das Recht auf Schwangerschaftsabbruch und Kickls hetzerische Rhetorik, mit der er die “Gesellschaft spaltet”. Zudem seien Regierungen mit Beteiligung der FPÖ in der Vergangenheit mehrfach gescheitert. Bereits im Wahlkampf habe sich gezeigt, dass die FPÖ-Positionen nicht mit den Werten der SPÖ kompatibel seien. Dabei gehe es um Fragen der Rechtsstaatlichkeit, aber auch um die neoliberale Sozial- und Wirtschaftspolitik der FPÖ.


Zuvor hatte bereits der Kanzler öffentlichkeitswirksam einer Koalition mit den Freiheitlichen unter Kickl eine Absage erteilt. Damit wird eine Neuauflage der ehemals Großen Koalition – eventuell plus Neos – als mögliche Regierungsvariante immer wahrscheinlicher. Aus Bablers Sicht brauche Österreich in Zeiten der Teuerung und sonstigen Krisen ein “breites Bündnis”, um etwa die Wirtschaft anzukurbeln, Arbeitsplätze zu schaffen und wieder für Aufschwung zu sorgen. “Das Motto muss sein: Zusammenarbeit statt Spaltung”, sagte Babler.

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Bures ist überzeugt: Bringen mit der ÖVP etwas weiter

Das rote Urgestein Doris Bures ließ im profil wiederum durchklingen, in welche Richtung es gehen könnte. Auf die Frage, ob es eine dritte Partei in der nächsten Koalition brauche, antwortete Bures: “Ja. Denn ÖVP und SPÖ haben nur ein Mandat Überhang, das ist zu wenig. Aber so weit sind wir noch lange nicht.” Bures zeigte sich auch davon überzeugt, “dass wir etwas mit der ÖVP zusammenbringen” und zählte vermeintliche Schnittmengen auf: vom Ausbau der Kinderbetreuung, der Ganztagsschule oder in der Europapolitik.


Am Mittwoch hatte Babler ein Gespräch mit ÖVP-Chef Karl Nehammer gehabt, am Donnerstag dann keines mit FPÖ-Chef Kickl, der hatte das nämlich verschoben. Dafür hatte Babler Termine mit Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger und Grünen-Chef Werner Kogler, auch wenn es dafür keinen Auftrag des Bundespräsidenten gab.


Längeres Gespräch mit Nehammer

Das Gespräch mit Nehammer am Mittwoch war vertraulich und lange, es diente dem Austausch und war noch keine Regierungsverhandlung. Aber natürlich ging es darum, ob die beiden miteinander könnten, Nehammer und Babler, die ÖVP und die SPÖ. Oder ob es Ausschließungsgründe gibt. Dieses Gespräch ist auf die Initiative von Bundespräsident Alexander Van der Bellen zurückzuführen, der einmal Klarheit darüber haben wollte, ob es tatsächlich Ausschließungsgründe gibt, wie schon im Wahlkampf kommuniziert, und damit ist die Person von FPÖ-Chef Kickl gemeint.


Denn Van der Bellen wollte sich und dem Land leere Kilometer ersparen, wenn er etwa Kickl den Auftrag zur Regierungsbildung erteilen würde, von vornherein aber feststünde, dass ohnedies niemand mit Kickl koalieren will und folglich auch keine regierungstaugliche Mehrheit bei Verhandlungen herausschauen kann. Das könnte man sich dann sparen, meinte Van der Bellen sinngemäß und machte Kickl damit unglücklich. Der will nämlich verhandeln und glaubt, er könne die ÖVP, wenn schon nicht Nehammer selbst, noch überzeugen, doch mit ihm in eine Regierung zu gehen. Aber Nehammer will erst gar nicht verhandeln, er hat im Detail schon dargelegt, warum eine Koalition mit Kickl für ihn nicht infrage kommt.

Kickl attackiert Nehammer und umwirbt ÖVP
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Kranker Kickl

Babler sprach am Donnerstag nicht mit Kickl, der hatte den vereinbarten Termin wieder abgesagt und auf Freitag verschoben. Krankheitsbedingt, wie es hieß, und natürlich wunderte man sich in der SPÖ, wie Kickl an dem einen Tag krank und am nächsten schon wieder gesund sein könne. An sich steht für Babler ja auch fest: nicht mit Kickl. Und mehr noch, im Unterschied zu Nehammer hat Babler ja auch eine Koalition mit der FPÖ, egal ob mit oder ohne Kickl, ausgeschlossen. Also liegt eine Koalition mit der ÖVP auf der Hand, auch wenn beide Seiten nicht mit großem Enthusiasmus in eine solche Zusammenarbeit gehen. Und im Detail natürlich noch viele Verhandlungen notwendig sein werden, um die Gemeinsamkeiten zu finden.


Um diese doch sehr knappe Mehrheit abzusichern, bräuchte es realpolitisch einen dritten Partner an Bord. ÖVP und SPÖ haben gemeinsam nur 92 der 183 Mandate im Nationalrat, da dürfte bei Abstimmungen also nie jemand krank werden oder grad woanders sein, wenn im Plenum abgestimmt wird. Mit beiden möglichen Kandidaten traf sich am Donnerstag der SPÖ-Chef.


Verschiedene Initiativen

Babler führte Gespräche mit Neos-Chefin Meinl-Reisinger und mit Grünen-Chef Kogler. Das Gespräch mit Meinl-Reisinger geht auf ihre Initiative zurück, die Neos-Chefin wollte mit allen Parteien “Reformgespräche” führen, diesem Anliegen wollte sich Babler nicht entziehen. Das Gespräch mit Kogler geht wiederum auf eine Initiative Bablers zurück, der ebenfalls mit allen reden will, und da es diesbezüglich keinen Auftrag des Bundespräsidenten und auch keine Initiative der Grünen gab, machte Babler selbst einen Schritt auf Kogler zu, was freilich keinerlei Präferenzen für die Bildung einer Koalition erkennen lassen sollte.


Bis Ende dieser Woche wollte der Bundespräsident Klarheit, die müsste er mittlerweile eigentlich schon haben. Voraussichtlich am Freitag wird Van der Bellen Kickl, Nehammer und Babler zu einem erneuten Gespräch in die Hofburg einladen, um sich Bericht erstatten zu lassen, was denn herausgekommen ist und ob die zuvor getroffenen Festlegungen nach wie Gültigkeit haben. Nehammer hat seine Position ja schon – auch für die Hofburg – überraschend schnell dargelegt: keine Koalition mit Kickl. (Michael Völker, Helene Dallinger 18.10.2024)

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