Kultusgemeinde will nichts mit Nationalratspräsident Rosenkranz zu tun haben
NATIONALSOZIALISMUS
Der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Oskar Deutsch fordert, Rosenkranz soll Rolle bei National- und Friedhofsfonds zurücklegen
Wien – Am Freitag gedenkt die Israelitische Kultusgemeinde (IKG) zusammen mit Vertreterinnen und Vertretern der Regierung des Novemberpogroms der Nazis gegen Jüdinnen und Juden in Österreich vor 86 Jahren. Dezidiert nicht dazu eingeladen sind Mitglieder der FPÖ und der freiheitliche neue Nationalratspräsident Walter Rosenkranz.
“Es ist uns, der Kultusgemeinde, ganz klar, wir wollen mit Politikern der FPÖ nichts zu tun haben”, unterstrich IKG-Präsident Oskar Deutsch den Standpunkt der Kultusgemeinde erneut am Freitag im Ö1-Morgenjournal. Er verweist nicht nur auf zahlreiche antisemitische Vorfälle, sondern auch auf Rosenkranz’ Mitgliedschaft in einer schlagenden Burschenschaft.
Getrennte Veranstaltungen
Während die offizielle Gedenkveranstaltung der IKG an der Shoah-Namensmauer im Wiener Ostarrichipark stattfinden wird, die an 65.000 Kinder, Frauen und Männer jüdischer Herkunft erinnert, die die Nationalsozialisten ermordet haben, versuchte der Nationalratspräsident Rosenkranz bereits am Freitagmorgen beim Mahnmal für die österreichischen jüdischen Opfer der Shoah auf dem Judenplatz einen Kranz niederzulegen, wurde aber von Protestierenden daran gehindert. Die Mitglieder und Freunde der Jüdischen österreichischen Hochschülerschaft (JöH) hatten eine Menschenkette um das Mahnmal gebildet.
“Wir gedenken der Opfer. Und was der Herr Rosenkranz vor den Kameras tut und gedenkt, ist seine Sache, und was er dann im Keller macht, ist eine zweite Sache”, kommentierte IKG-Präsident Deutsch die Veranstaltung der Blauen.
Boykott gegen Rosenkranz
Die Kultusgemeinde kündigte außerdem an, die Sitzungen des NS-Opferfonds zu boykottieren, solange Walter Rosenkranz dort den Vorsitz führt. Deutsch sieht auch ein Problem mit Rosenkranz’ Funktion als Leiter des Nationalfonds für NS-Opfer und des Fonds für die jüdischen Friedhöfe. “Ich vertrete ja dort die Kultusgemeinde, sowohl im Nationalfonds als auch im Friedhofsfonds.” Er könne nicht dabei sein, wenn der Präsidenten des Nationalrats, der deutschnationaler Burschenschafter ist, die Sitzungen der Fonds leite, sagte der IKG-Präsident im Morgenjournal.
Selbiges gelte auch für die Vergabe des Simon-Wiesenthal-Preises gegen Antisemitismus, die mit dem Amt des Nationalratspräsidenten verbunden ist und somit künftig in Rosenkranz’ Händen liegt.
Der Simon-Wiesenthal-Preis war 2020 vom Nationalrat beschlossen worden. Die FPÖ hatte jedoch gegen die Benennung des Preises nach Simon Wiesenthal gestimmt, da Wiesenthal unter anderem aufgedeckt hatte, dass der frühere FPÖ-Chef Friedrich Peter ein SS-Offizier war. Rosenkranz habe bei der Vergabe des Preises nichts zu suchen, sagt Oskar Deutsch. (red, 8.11.2024)
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