Vor vierter Sondierungsrunde: Nehammer will dritten Partner ins Boot holen

Koalitionsbildung

Die Teams von ÖVP und SPÖ kommen am Dienstag zur vierten Sondierungsrunde zusammen. Im Vorfeld kündigte der ÖVP-Chef an, dass er einen dritten Partner hinzuziehen möchte

ÖVP-Chef und Kanzler Karl Nehammer will einen dritten Partner zu den Gesprächen über eine künftige Regierung hinzuziehen.
APA/HELMUT FOHRINGER

Soll ein dritter Partner zu den ohnehin schon zu zweit schwierigen Gesprächen über eine künftige Regierung hinzugezogen werden? Diese Frage wollten ÖVP und SPÖ ursprünglich schon am Montagnachmittag klären. Allerdings wurde die vierte Sondierungsrunde kurzerhand auf Dienstagvormittag verschoben. Hintergrund dafür war der Trauerfall in der Familie von ÖVP-Chef und Kanzler Karl Nehammer. Montagfrüh war das Ableben von dessen Schwiegervater, der ORF-Legende Peter Nidetzky, bekannt geworden.


Am Dienstag soll es aber so weit sein: Die Sondierungsteams von Volkspartei und Sozialdemokraten trafen einander gegen halb zwölf, Ort der Zusammenkunft ist erneut das Palais Epstein unweit des Parlaments. Nach der für knapp fünf Stunden angesetzten Verhandlungsrunde könnte feststehen, ob ein dritter Partner hinzugezogen wird. Fallen die Würfel in dieser Frage, dürfte es im Anschluss auch Statements geben – ob gemeinsam oder wie bisher getrennt, bleibt abzuwarten.


Nehammer dürfte dem Beziehen eines dritten Partners jedenfalls positiv gegenüberstehen. Im Vorfeld der Gesprächsrunde kündigte dieser an, dass es sich um die finale Runde im Zweier-Format handeln würde und er eine klare Vorstellung davon habe, wie eine künftige Regierung aussehen solle. In diesem Zusammenhang rechnet er damit, dass bereits am Mittwoch ein dritter Partner hinzugezogen werde. SPÖ-Chef Andreas Babler wollte sich hingegen beim Eintreffen im Palais Epstein noch nicht dazu äußern.


Partner statt Beiwagerl

Alles deutet derzeit darauf hin, dass die Neos als dritter Partner infrage kommen – obwohl Teile der SPÖ dem Vernehmen nach eher mit den Grünen liebäugeln oder sich zumindest die grüne Option offenhalten wollen. Am Montag kamen jedenfalls Nehammer, Babler sowie Neos-Frontfrau Beate Meinl-Reisinger erstmals zu einem Sechs-Augen-Gespräch zusammen. Die drei wollten abklopfen, ob eine Koalition machbar erscheint. Von Nehammer und Babler gab es im Anschluss keine Statements. Meinl-Reisinger äußerte sich hingegen und zeigte sich tendenziell optimistisch.


Verhandler beschrieben das Gesprächsklima danach im Hintergrund als “ehrlich” und “offen”. Themen für eine mögliche neue Regierung seien innerhalb des Dreiergespanns grob angeschnitten worden. Aus allen drei Faktionen ist zu hören: die Bereitschaft sei bei den jeweils anderen da, gemeinsam etwas weiterbringen zu wollen. Man sei nach der ersten gemeinsamen Runde allerdings nur einen “Minischritt” weitergekommen. Ob es tatsächlich zu einer “Zuckerlkoalition” kommt, stehe weiterhin in den Sternen.

Video: Nehammer will ab Mittwoch offiziell zu dritt sondieren
APA

“Wir stehen als Partner bereit”, sagte die pinke Chefin. Die Neos würden in vertiefende Gespräche eintreten wollen – “nicht nur, um zu regieren, sondern um zu reformieren”. Das nächste Gespräch zwischen ÖVP und SPÖ am Dienstag gelte es aber noch abzuwarten in der Frage, ob eine Dreierkoalition angepeilt wird oder nicht. Meinl-Reisinger meinte jedenfalls, dass es mit den Neos einen “Mehrwert” in der Regierung geben müsse. Ein Beiwagerl zu einer Koalition zwischen ÖVP und SPÖ werde man nicht sein.


Meinl-Reisinger meinte aber auch, dass sie keine roten Linien definieren werde. Sie wolle Reformziele formulieren, etwa einen Ausbau der Kindergärten, eine Bildungsreform oder die Stärkung des Wirtschaftsstandorts. Zur Frage, ob die Neos Anspruch auf das Finanzministerium erheben, sagte sie: “Dass wir eine Bereitschaft haben, Verantwortung in diesem Bereich zu übernehmen, ist nicht neu.” Jetzt sei aber nicht der Zeitpunkt, um über Ämter zu sprechen, sondern um zu klären, ob ÖVP, SPÖ und Neos in Sachen Reformwille zueinanderfinden.

Ringen um Finanzressort

Die Frage nach dem Finanzministerium kam nicht von ungefähr. Für Unstimmigkeiten sorgte nämlich am Wochenende, dass Neos-Generalsekretär Douglas Hoyos-Trauttmansdorff im Profil sagte, dass das Finanzministerium “gerade in dieser herausfordernden Lage eigentlich von uns geführt werden kann und muss”. Die anderen Noch-nicht-Sondierungspartner reagierten darauf erbost: Es sei jetzt nicht der richtige Zeitpunkt, über die Verteilung von Regierungsämtern zu sprechen, waren sich ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker und SPÖ-Bundesgeschäftsführer Klaus Seltenheim einig. Daraufhin ruderten die Pinken ein wenig zurück. (Sandra Schieder, Jan Michael Marchart, 12.11.2024)


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