Der Wahlsieger darf in der Steiermark automatisch die Verhandlungen führen

Landtagswahl

Die steirische Landesverfassung schreibt vor, dass die erstplatzierte Partei zu ersten Gesprächen einlädt – mehr aber auch nicht

Graz – Steiermarks FPÖ-Chef Mario Kunasek gab sich im Vorfeld der Landtagswahl siegessicher. Schon Tage vor dem Wahlsonntag kündigte er an, im Fall eines Wahlsiegs ab Dienstag Gespräche mit allen Parteien führen zu wollen. Im Bund blieb den Freiheitlichen die Führung der Regierungsverhandlungen bekanntlich ja verwehrt – Bundespräsident Alexander Van der Bellen beauftragte damit Kanzler Karl Nehammer (ÖVP).

Die Spitzenkandidaten Anton Lang (SPÖ), Christopher Drexler (ÖVP) und Mario Kunasek (FPÖ, von links) werden gemeinsam in Verhandlungen über eine neue Landesregierung treten.
APA/ERWIN SCHERIAU

Der Grund für Kunaseks Sicherheit, die Regierungsverhandlungen zu führen, sollte er tatsächlich Erster werden, ist die steirische Landesverfassung. Denn die hält fest: “Die wahlwerbende Partei, die bei der Landtagswahl die meisten Stimmen erlangt hat, hat die anderen im Landtag vertretenen wahlwerbenden Parteien zu Verhandlungen über die Bildung der Landesregierung einzuladen.”


Niemand erteilt also einer Partei den Auftrag zur Regierungsbildung, wie das durch den Bundespräsidenten bei Nationalratswahlen üblich ist. Dieser ergeht in der Steiermark automatisch an den Wahlsieger. Landeshauptmann Christopher Drexler (ÖVP) bezeichnete deshalb die steirische Landesverfassung unlängst gar als “eleganter” als die österreichische Bundesverfassung. Ein Vorteil gegenüber der Vorgangsweise im Bund sind die klareren Verhältnisse kurz nach der Wahl: Es gibt keine Diskussion darüber, wer die Sondierungen startet.


Verfassung schreibt nur Gespräche vor

Dass der Wahlsieger auch fix die nächste Regierung anführt, also den Landeshauptmann oder die Landeshauptfrau stellt, schreibt die Landesverfassung hingegen nicht vor. So verzichtete etwa die SPÖ nach der Landtagswahl 2015 trotz des ersten Platzes auf den Landeshauptmannsessel und überließ ihn der zweitplatzierten ÖVP.


Auch dass die anderen Parteien nicht miteinander verhandeln dürfen, steht nicht in der Landesverfassung. Lediglich dass die stimmenstärkste Partei zu ersten Gesprächen einlädt. So können sich ÖVP und SPÖ dennoch zu Gesprächen treffen, auch wenn keine der beiden Parteien den ersten Platz belegt.


Keine Prozenthürde

Eine Eigenheit in der Steiermark ist bei Landtagswahlen auch das Fehlen einer Prozenthürde. In jedem anderen Bundesland benötigt eine Partei zumindest vier oder fünf Prozent der Stimmen, um in den Landtag einzuziehen. Für den Einzug in den steirischen Landtag ist dafür ein Grundmandat in einem der vier Wahlkreise nötig. (Max Stepan, 24.11.2024)


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