SPÖ fordert “Budgetwahrheit” noch diese Woche – doch Treffen auf Chefebene wackelt aus Termingründen

Koalitionsverhandlungen

Babler, Nehammer und Meinl-Reisinger sprechen Mittwochnachmittag über die KTM-Pleite. Die Sozialdemokraten verlangen zusätzlich einen raschen Termin, bei dem entschieden werden müsse, ob man überhaupt weiterverhandelt

SPÖ-Chef Andreas Babler, ÖVP-Chef Karl Nehammer und Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger bei einem Pressestatement zur Regierungsbildung, die nicht friktionsfrei verläuft.
APA/HELMUT FOHRINGER

Wie es um die angestrebte Dreierkoalition steht, darüber herrschen unterschiedliche Ansichten. Kurz zusammengefasst: In der SPÖ ist die Aufregung groß. Sozialdemokraten führen ins Treffen, dass die ÖVP nach dem Wahldebakel in der Steiermark und ein paar “Zwischenrufen” aus den Bundesländern abspringen und doch eine Koalition mit den Freiheitlichen eingehen könnte. In der ÖVP wiederum sind zahlreiche Verhandler von der Sturheit der Sozialdemokraten in Steuerfragen genervt. Dass die Volkspartei hinterrücks andere Pläne schmiede, wird vehement bestritten. Und die Neos? Die stehen dazwischen.


Die Stimmung, die beschrieben wird, variiert von Verhandlerin zu Verhandler. Manche Untergruppen sollen gut vorankommen und laufend neue Einigungen erzielen, etwa im Bereich Sicherheit und Integration. In Budgetfragen und steuerpolitischen Angelegenheiten hingegen spießt es sich massiv. Die SPÖ drängt auf eine höhere Besteuerung von Vermögen, ÖVP und Neos halten dagegen. Hier konnten bisher noch nicht einmal die meisten Grundsatzfragen geklärt werden.


SPÖ will Klarheit “noch diese Woche”

Die SPÖ fordert diesbezüglich nun “Budgetwahrheit und Klarheit”, um auszuloten, ob überhaupt solide weiterverhandelt werden könne. In der SPÖ wie auch in der ÖVP wurde für Donnerstag ein Treffen von ÖVP-Chef Karl Nehammer, SPÖ-Chef Andreas Babler und Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger avisiert. Die Liberalen sind am Donnerstag allerdings eigentlich aufgrund einer parteiinternen Tagung verhindert. Am Freitag reist Nehammer nach Frankreich, um an der Wiedereröffnung der einst abgebrannten Kathedrale Notre-Dame teilzunehmen. Somit wäre ein Termin erst kommende Woche möglich.


Das wollen die Sozialdemokraten allerdings nicht akzeptieren. Klarheit müsse jedenfalls “noch diese Woche” geschaffen werden, heißt es aus roten Verhandlerkreisen. Alles andere sei bloß “Verzögerung”. Sollte keine Einigung in groben Budgetfragen erzielt werden können, würde diese Koalition “auch scheitern”. Es dürfe nicht sein, dass die “breite Masse” die “Steuergeschenke für Reiche” aus der Vergangenheit zahlen müsse.


Runder Tisch mit Experten am Mittwoch

Mittwochnachmittag treffen Nehammer, Babler und Meinl-Reisinger jedenfalls bereits aufeinander – allerdings zu einem runden Tisch mit Wirtschaftsforschern. Hier soll es um Österreichs strauchelnde Konjunktur sowie um die Pleite des Motorradherstellers KTM gehen. ÖVP, SPÖ und Neos wollen gemeinsam mit den Experten eruieren, wie stark sich die Insolvenz des Unternehmens auf die heimische Wirtschaft auswirken wird.


In den vergangenen Tagen war es zu mehreren Unstimmigkeiten zwischen den verhandelnden Parteien gekommen. Die SPÖ hatte Ende vergangener Woche ein Positionspapier ausgeschickt, aus dem der Boulevard überspitzt abgeleitet hatte, dass Vermögenssteuern eine rote Koalitionsbedingung seien. Darauf wiederum reagierte Nehammer auf X, indem er Vermögenssteuern eine Absage erteilte. Ansonsten wären die Verhandlungen “schnell zu Ende”, meinte der Kanzler.


Keine “Zurufe von außen”

Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) richtete den Verhandlern kurz darauf aus: “Wenn wir nicht deutliche, wirksame Maßnahmen zur Wiederbelebung der Wirtschaft und strenge Strafen für Integrationsverweigerer setzen, dann braucht diese Regierung gar nicht erst anfangen zu arbeiten.” Das ließ dann SPÖ-Gewerkschafter Josef Muchitsch nicht auf sich sitzen: “Diese Zurufe von außen, das brauchen wir jetzt nicht. Außer man will diese Koalition verhindern. Dann soll man den Mut haben, das zu sagen.” (Jan Michael Marchart, Katharina Mittelstaedt, 4.12.2024)


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