Ausschreitungen bei Protesten in Georgien

Bei den proeuropäischen Protesten mit Tausenden Menschen in der Südkaukasus-Republik Georgien ist es gestern Abend zu neuen schweren Ausschreitungen zwischen Demonstrierenden und Sicherheitskräften gekommen. In der Hauptstadt Tiflis beschossen Demonstranten das Parlamentsgebäude mit Feuerwerkskörpern, auf Videos in sozialen Netzwerken waren die Explosionen zu hören und zu sehen.

Polizisten auf Straße

Reuters/Irakli Gedenidze

Die Behörden hatten den Einsatz von Pyrotechnik untersagt. Die Einsatzkräfte in Helmen und Schutzausrüstung gingen wegen der Angriffe auf staatliche Einrichtungen immer wieder gewaltsam gegen Protestierer vor und setzten auch Wasserwerfer und Tränengas ein.

Präsidentin: Terror gegen Demonstranten

Mehrere Menschen kamen in Gewahrsam. Die prowestliche Präsidentin Salome Surabischwili sprach von Terror gegen die Demonstranten. Sie warf den Behörden im Kurznachrichtendienst X schwere Menschenrechtsverstöße vor.

Medien berichteten, die Sicherheitskräfte seien mit Steinen beworfen worden. Auch auf Videos in sozialen Netzwerken war zu sehen, wie Menschen Gegenstände auf die Uniformierten warfen. Das georgische Innenministerium teilte mit, dass ein Polizist verletzt worden sei. Zu sehen war auch, wie Uniformierte auf Demonstranten einschlugen und eintraten.

Regierungschef Irakli Kobachidse hatte zuvor die Sicherheitskräfte dafür gelobt, die „Gewaltbereitschaft der Demonstranten erfolgreich neutralisiert“ zu haben. „Wir haben eine wichtige Schlacht gegen den liberalen Faschismus in unserem Land gewonnen“, sagte er auf einer Pressekonferenz und nutzte damit eine Sprache, die daran erinnert, wie der Kreml seine politischen Gegner ins Visier nimmt. Der „Kampf“ sei jedoch noch nicht vorbei.

Oppositionelle müssen in Haft

Zwei Oppositionspolitiker müssen im Zuge der proeuropäischen Proteste in Georgien in Haft. Das Gericht in der Hauptstadt Tiflis ordnete Medienberichten zufolge zwei Monate Untersuchungshaft für Aleko Elissaschwili, einen der Vorsitzenden des Parteienbündnisses Starkes Georgien, an.

Der Politiker Nika Gwaramija sei zu zwölf Tagen Ordnungshaft verurteilt worden. Er ist einer der Köpfe des proeuropäischen Parteienbündnisses Koalition für Wandel.

Festgenommene klagen über Misshandlungen

Laut Innenministerium soll Elissaschwili ein Mitglied der Regierungspartei Georgischer Traum angegriffen haben. Der Menschenrechtsbeauftragte in der Südkaukasus-Republik, Lewan Iosseliani, hatte dagegen die Gewalt, die Polizisten gegen Elissaschwili angewandt hätten, als unverhältnismäßig kritisiert.

Bis Donnerstag sprach sein Büro nach eigenen Angaben mit 260 Festgenommenen, von denen 188 Misshandlungen beklagt hätten. Gwaramija war bei einer Durchsuchung des Oppositionsbüros am Mittwoch Berichten zufolge unter anderem wegen Vorwürfen des geringfügigen Rowdytums festgenommen worden.

Kritik aus Berlin, Paris und Warschau

Deutschland, Frankreich und Polen verurteilten das Vorgehen der georgischen Regierung gegen die proeuropäischen Proteste. Die drei Länder prangerten zudem die Gewalt gegen Oppositionelle und Journalisten an, wie es in einer gemeinsamen Erklärung der drei Außenministerien hieß.

Berlin, Paris und Warschau bedauern demzufolge die Polizeieinsätze in Büros von Oppositionsparteien und zivilgesellschaftlichen Organisationen sowie die Festnahme von Mitgliedern der Opposition. Die drei Länder forderten ihre sofortige Freilassung.

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