Blau-Schwarz in der Steiermark setzt auf “restriktive Politik” bei Asyl und Integration

Neue Landesregierung

Das Programm der FPÖ-ÖVP-Koalition kündigt Kontrollen in Asylquartieren, Bezahlkarten statt Bargeld und eine eigene steirische Dokumentationsstelle für politischen Islam an

Der designierte Landeshauptmann Mario Kunasek (FPÖ) und die designierte Landeshauptmann-Stellvertreterin Manuela Khom (ÖVP)
Der künftige Landeshauptmann Mario Kunasek (FPÖ) und die frischgebackene steirische ÖVP-Chefin und künftige Landeshauptmann-Stellvertreterin Manuela Khom: Das Regierungsprogramm wurde mit viel blauer Tinte verfasst.
APA/ERWIN SCHERIAU

Dass nach mehrwöchigen Koalitionsverhandlungen und der Einigung auf eine neue Landesregierung just am Vorabend der Präsentation noch der Parteichef ausgetauscht wird, gibt es auch nicht alle Tage. Am Montag gab es das aber, und zwar in der Steiermark. Der bisherige Landeshauptmann Christopher Drexler (ÖVP) war noch Chefverhandler seiner Partei für den Regierungspakt – und hätte ihn auch gern als Landeshauptmann-Vize in der kommenden Legislaturperiode umgesetzt. Seine Partei quittierte das aber mit einer Art Meuterei auf der Bounty, mit dem Wirtschaftsbund als Rädelsführer. Drexler wurde gegangen. Und ging nach den ÖVP-Gremien am Montagabend ohne Statement durch den Hinterausgang.

Und so kam es, dass am Dienstagvormittag kurzerhand eine frischgebackene Parteichefin ein Regierungsprogramm präsentieren musste, das sie selbst gar nicht mitverhandelt hatte – und wohl auch noch nicht bis auf den letzten Beistrich kannte. Sie habe selbst erst am Vorabend erfahren, dass sie neue Landesparteichefin der ÖVP und Landeshauptmann-Stellvertreterin der Steiermark werde, sagte Manuela Khom, bisher Landtagspräsidentin, bei der gemeinsamen Pressekonferenz der künftigen Landesregierung in Graz.


“Klares Bekenntnis zur Heimat”

Es sei eine “große Freude, dass es so schnell gelungen ist, eine tragfähige Regierung aufzustellen”, sagte sie pflichtbewusst. Und: Zwar würden manche sagen, der Regierungspakt habe eine bestimmte Farbe, sagte Khom und spielte damit auf die vielen Kommentare an, die in bereits bekannten Eckpunkten vor allem blaue Handschrift erkannten. Aber: Das Programm habe “beide Farben”, es sei ein “gemeinsames Programm”.


Weite Teile der Präsentation des blau-schwarzen Regierungsprogramms übernahm am Dienstag jedenfalls FPÖ-Chef Mario Kunasek, der am Donnerstag als neuer Landeshauptmann angelobt werden soll. Kunasek ist seit Jörg Haider erst der zweite blaue Landeshauptmann der Republik. Einen Hinweis auf die dominierenden Inhalte des 133 Seiten starken Papiers lieferte schon der Ort, an dem es erstmals präsentiert wurde: Für die Pressekonferenz wählte die neue Landesregierung den Heimatsaal des Grazer Volkskundemuseums. Ein “klares Bekenntnis zur Heimat” sah Kunasek dann auch im Programm, das man offiziell “Starke Steiermark. Sichere Zukunft” getauft hat. Als weitere Kernpunkte nannte der künftige erste FPÖ-Landeshauptmann der Steiermark Förderung von Wirtschaft und Innovation sowie “mehr soziale Gerechtigkeit und Leistung in der Gesellschaft”.


Verbot religiöser Kleidung

Die gerade für die FPÖ zentralen Themenkomplexe Migration, Asyl und politischer Islam webten die Koalitionäre an zahlreichen Stellen in ihr Regierungsprogramm ein: So soll es für Asylwerberinnen und Asylwerber künftig eine Bezahlkarte statt Bargeld geben. Eine eigene Dokumentationsstelle für politischen Islam – die es auf Bundesebene bereits gibt – soll auch in der Steiermark geschaffen werden. Und Beamtinnen und Beamte im Landesdienst sollen keine “religiöse Kleidung” tragen dürfen. Was Kunasek als “Bekenntnis zu einer neutralen Landesverwaltung” bezeichnete, zielt vor allem auf das muslimisch geprägte Kopftuch ab.

Video: Das neue steirische Regierungsprogramm und seine Proponenten in Bildern
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Generell einigten sich FPÖ und ÖVP auf eine “restriktive Asyl- und Migrationspolitik” – auch wenn davon nicht allzu viel Ländermaterie ist. Trotzdem will die Landesregierung Grundzüge in einem neuen “Integrationsleitbild” vorgeben. Außerdem soll laut dem Programm eine Stabstelle für Sicherheit in Asylheimen eingeführt werden, die eine “regelmäßige, unangekündigte Kontrolle der Grundversorgungsquartiere sicherstellen soll”. Deutsch soll in Schulen auch als Pausensprache verankert werden. Und auch ein Bekenntnis zur “kulturellen Wertevermittlung durch steirische Bräuche und Traditionen” findet sich im Programm. Das “Feiern traditioneller Feste wie Weihnachten und Ostern” und der Besuch eines Nikolaus in Kindergärten müsse selbstverständlich sein.


Pause für Leitspital und Binnen-I

Das geplante Leitspital in der Obersteiermark, das in der vergangenen Legislaturperiode für kontroverse Debatten gesorgt hat, wird dagegen erst einmal auf Eis gelegt. Die Freiheitlichen hatten das ÖVP-Projekt bisher immer abgelehnt. Dafür soll eine Neuregelung in der Sozialhilfe kommen, bei der es laut Kunasek “Schieflagen in der Vergangenheit” gegeben habe. Die Höchstsätze für kinderreiche Familien sollen gedeckelt werden. “Leistung muss auch ein wesentlicher Teil der Gesellschaft sein”, sagte der FPÖ-Chef. “Es muss einen Unterschied machen, ob jemand ein Einkommen durch Erwerb oder durch die öffentliche Hand in Notlagen erhält.”


Die Landesverwaltung soll in Schriftverkehr und Dokumenten zudem auf das Binnen-I und andere Gender-Schreibweisen verzichten – eine Regelung, die in Niederösterreich bereits umgesetzt wurde. Es gehe um die “Lesbarkeit der Dokumente und des Schriftverkehrs”, argumentierte Kunasek.


Khom verwies zudem darauf, dass man die Bürokratie abbauen müsse, um den Standort Steiermark für die Wirtschaft wieder attraktiver zu machen. Außerdem sollen Polizei und Feuerwehr gestärkt werden, man wolle die Jugendkriminalität bekämpfen und gegen drohende Blackouts aufrüsten. Stärken will die Koalition laut der künftigen Landeshauptmann-Stellvertreterin auch die Gemeinden, die die “Keimzellen des Lebens nach den Familien” seien.


Kulturagenden wandern zu Kornhäusl

FPÖ wie ÖVP werden in der kommenden Regierung je vier Mitglieder stellen. Kunasek wird als Landeshauptmann unter anderem für Katastrophenschutz und Landesverteidigung zuständig sein, seine Stellvertreterin Khom unter anderem für Gemeinden und Regionen.


Barbara Eibinger-Miedl (ÖVP) bleibt Landesrätin für Wirtschaft und Wissenschaft. Zusätzlich wandern die Ressorts Arbeit und Finanzen zu ihr. Die Tourismus-Agenden gehen unterdessen an Kunasek, der etwa auch noch Personal, Sport und Volkskultur verantworten wird. Karlheinz Kornhäusl (ÖVP) bleibt als Gesundheitslandesrat im Amt und wird zusätzlich für Kultur zuständig sein, die bisher Noch-Landeshauptmann Drexler verantwortete. Simone Schmiedtbauer (ÖVP) wird weiter Agrarlandesrätin mit zuätzlichem Portfolio für Wohnbau und Veterinärwesen sein. Die Klima- und Energieagenden gehen ebanfalls an sie.


Khom wird außerdem noch für Europa, Internationales und Gesellschaft – ausgenommen Jugend – zuständig sein. Die Jugendagenden gehen ebenso an Stefan Hermann (FPÖ), wie Bildung, Gemeinden und Regionalentwicklung. Der bisherige Nationalratsabgeordnete Hannes Amesbauer (FPÖ) wird für Soziales, Integration, Umwelt, Natur- und Tierschutz sowie Raumordnung verantwortlich zeichnen. Claudia Holzer (FPÖ) übernimmt die Ressorts Verkehrs- und Landeshochbau, ländlicher Wegebau und Technik. (Martin Tschiderer, 17.12.2024)


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