Ein familiäres, kaum religiöses Fest

STANDARD-Umfrage

Die religiöse Bedeutung des Weihnachtsfestes nimmt stetig ab – aber knapp drei Viertel der Österreicherinnen und Österreicher sehen es als Fest des Friedens und der Versöhnung

Eine Familie ist um den Weihnachtsbaum versammelt und sieht Kindern beim Auspacken ihrer Geschenke zu.
Weihnachten ist vor allem ein Fest der Familie: Dieser Aussage stimmen die meisten der Befragten zu – nämlich gleich 85 Prozent.
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Linz – Für 38 Prozent der österreichischen Staatsbürger hat Weihnachten keine religiöse Bedeutung. Unter Wienern ist diese Haltung mit 45 Prozent besonders stark ausgeprägt, ähnlich unter erklärten Anhängern von SPÖ und Grünen. Das geht aus einer in der Vorwoche durchgeführten Market-Umfrage im Auftrag des STANDARD hervor. In einer Vergleichsumfrage aus dem Jahr 2012 sagten nur 24 Prozent, dass Weihnachten keine religiöse Bedeutung habe, der Wert stieg dann im Lauf der Jahre nach und nach an.


Vom Feiern hält das aber kaum jemanden ab. 45 Prozent sagen, dass sie Weihnachten feiern, obwohl sie gar nicht an Gott glauben.


85 Prozent der Befragten stimmen der Aussage zu, dass Weihnachten für sie “vor allem ein Fest der Familie” sei – das betonen allerdings auch jene, die sich der Kirche verbunden fühlen. Market-Institutsleiter David Pfarrhofer verweist darauf, dass die religiöse Bedeutung des Festes heutzutage stark relativiert wird: “Nur 33 Prozent sagen, dass beten zu Weihnachten wichtiger wäre als Geschenke – im vorigen Jahrzehnt haben das noch um die 40 Prozent gesagt. Es sagen auch immer weniger Menschen, dass sie sich zu Weihnachten als Christen fühlen.”


Sterndeuter sind bekannt

Das Wissen um die religiöse Bedeutung des Festes ist andererseits hoch: Sechs von zehn Befragten wissen um die Sterndeuter aus dem Matthäusevangelium (vulgo die Heiligen Drei Könige), immerhin 46 Prozent stimmen der Aussage zu, dass Engel die Ankunft des Erlösers verkündet hätten, wie es im Lukasevangelium steht. Aber die Zustimmung zu diesen biblischen Inhalten geht ebenfalls von Umfragewelle zu Umfragewelle zurück. Und langfristig steigt die Zustimmung zur Aussage, Jesus sei bloß eine literarische Figur, die nie gelebt habe.

DER STANDARD ließ in seinen Weihnachtsumfragen immer wieder typische Aktivitäten zu den Weihnachtsfeiertagen mit Schulnoten von eins bis fünf abfragen – wobei das gemütliche Beisammensitzen und das friedliche Fest mit der Familie in der aktuellen Umfragewelle jeweils von 60 Prozent der Befragten die Bestnote bekommen, die Durchschnittsnoten liegen bei 1,57 beziehungsweise 1,63. Sehr vielen Menschen ist es wichtig, die engere Familie, womöglich Kinder und Enkel, um sich zu haben.


Rituale nehmen ab

Gemeinsame Rituale wie das Aufstellen eines Christbaums und das Singen von Liedern nehmen dagegen ab – im Jahr 2011 erhielten sie noch die Note 2,04. Inzwischen sind es nur noch 2,46.

Vor dem Aufstellen des Christbaums muss er noch gekauft und nach Hause transportiert werden.
REUTERS/CARL RECINE

Für etwa jeden siebenten Befragten haben diese Rituale gar keine Bedeutung mehr, was Meinungsforscher Pfarrhofer auch auf die Lebensumstände zurückführt: “Zum einen sind das Menschen, die in Einpersonenhaushalten leben und möglicherweise einsam sind. Für solche Menschen ist Weihnachten kein Familienfest. Es sind darunter aber auch Menschen, die keinerlei Bezug zur christlichen Religion haben und die daher Weihnachten nicht feiern.”


Punsch statt Bockbier

Überhaupt sieht man, dass viele Traditionen verlorengehen: Bockbier zu trinken, beispielsweise. Früher trank man das starke Bier als Nahrungsergänzung im Advent, weil dieser als Fastenzeit galt. Das Fasten im Advent ist allerdings abgekommen.


Das Bockbiertrinken wurde ein Minderheitenprogramm für junge, männliche Befragte mit der Neigung zur Wahl der FPÖ. Sechs von zehn Befragten, die älter als 30 Jahre sind, halten Bockbierkonsum für nicht weihnachtlich – dagegen ist der Besuch von Punschständen in der (Vor-)Weihnachtszeit immer wichtiger geworden.


Ist Weihnachten also nur eine kommerzielle Veranstaltung ohne spirituelle Bedeutung? Pfarrhofer sieht durchaus einen weit über das Materielle hinausgehenden Aspekt: “Wie immer man auch die Fragen stellt: Die Menschen betonen die Bedeutung des weihnachtlichen Friedens, also durchaus etwas, was aus dem Lukasevangelium abgeleitet werden kann. Jeder Zweite macht sich Hoffnungen auf Frieden in der Welt – auch wenn diese Leute jetzt nicht explizit dafür beten.”


Dieser Aspekt ist allerdings ebenfalls im Abnehmen; er wurde im vorigen, generell als friedlicher erlebten Jahrzehnt von deutlich mehr Befragten betont. Aktuell sehen noch 73 Prozent Weihnachten als Fest des Friedens und der Versöhnung. Aber das spielt bei jüngeren Befragten eine kleinere Rolle als bei älteren. (Conrad Seidl, 24.12.2024)


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