SPÖ und Grüne kritisieren Aussagen am FPÖ-Stammtisch, Ludwig: “Dieses Verhalten hat System”

Reaktionen

Für SPÖ-Bundesgeschäftsführer Klaus Seltenheim “ist mit der FPÖ kein Staat zu machen”. Grünen-Chef Kogler sieht einen “beispiellosen Angriff auf die Grundfesten der europäischen Einigung und der Demokratie”

Ludwig
Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ).
APA/GEORG HOCHMUTH

Am Dienstag wurden Aussagen der beiden FPÖ-Nationalratsabgeordneten Harald Stefan und Markus Tschank bei einem Stammtisch der FPÖ Simmering am 8. Jänner publik. Dabei wird unter anderem abwertend über die ÖVP, mit der sich die FPÖ gerade in Koalitionsverhandlungen befindet, Migrantinnen und Migranten sowie die EU gesprochen. Lobende Worte gibt es dafür für das Regime der Taliban in Afghanistan. Heimlich aufgenommen haben die Gespräche Journalisten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks Frankreichs France Télévisions.


Andere Parteien kritisieren die Aussagen der FPÖ-Politiker scharf. Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) sagte dem Spiegel: “Es handelt sich bei der FPÖ nie um Einzelfälle, sondern dieses Verhalten hat System.” Als “besonders besorgniserregend” bezeichnete der SPÖ-Politiker die Reaktion des Wiener FPÖ-Obmanns Dominik Nepp. Dieser hatte via X auf den STANDARD-Bericht reagiert und in Anlehnung an die Nationalratswahl-Kampagne geschrieben: “Fünf gute Jahre, wenn es mit diesem ‘Scheißblatt’ endlich vorbei ist” – gefolgt vom Hashtag: “#presseförderungnurnochfürechtequalitätsmedien”.

Ludwig nannte mit Blick auf Nepps Stellungnahme eine mögliche Regierungsbeteiligung der FPÖ “eine Gefährdung für die liberale Demokratie und unabhängige Medien”.


Seltenheim: “Mit der FPÖ ist kein Staat zu machen”

SPÖ-Bundesgeschäftsführer Klaus Seltenheim sagt laut Aussendung: “Immer, wenn sich die FPÖ unbeobachtet fühlt, zeigt sie ihr wahres Gesicht, das vor Hass und Aggression trieft.” Seltenheim sieht FPÖ-Chef Kickl und ÖVP-Chef Stocker nun gefordert: “Feig durchtauchen ist keine Alternative. Sowohl Kickl als auch Stocker müssen hier klar Stellung beziehen. Es kann nicht sein, dass die blauen Hasstiraden gegen politische Mitbewerber und gegen die Europäische Union und das blaue Lob für gefährliche Extremisten wie die Taliban ohne Konsequenzen bleiben.”

Seltenheim mit rotem Anzug.
SPÖ-Bundesgeschäftsführer Klaus Seltenheim.
APA/HELMUT FOHRINGER

“Für die SPÖ ist völlig klar, dass mit der FPÖ kein Staat zu machen ist”, sagt Seltenheim. “Die ÖVP dagegen hat Kickl mit ihrem 180-Grad-Schwenk den Weg ins Kanzleramt geebnet. Spätestens jetzt muss sich die ÖVP fragen, ob sie wirklich dafür verantwortlich sein will, dass Österreich in die Hände der Kickl-FPÖ gerät. (…) Ich frage mich, wie viele FPÖ-Grauslichkeiten die ÖVP noch schlucken will, nur damit sie an der Macht bleibt.”


Kogler: “Gefährliche Visionen”

Laut den Grünen “zeigen die zutage getretenen Aussagen der beiden gewichtigen FPÖ-Abgeordneten, dass die FPÖ teils offen zur Schau getragen, teils versteckt das Ziel verfolgt, Österreich in einen EU-Austritt zu treiben und in die Isolation zu führen”. Grünen-Chef Werner Kogler sagt: “Zuerst die Union attackieren, blockieren und dann verlassen. Das ist die Agenda der FPÖ. Die Europäische Union ist die stärkste Werte-, Sicherheits- und Friedensgemeinschaft, die unser Kontinent je hervorgebracht hat. Wer diese Gemeinschaft verlassen will, gefährdet den zukünftigen Wohlstand und die Sicherheit unseres Landes.”

Spricht in Mikro, trägt einen Anzug.
Grünen-Chef Werner Kogler.
APA/GEORG HOCHMUTH

Kogler sieht einen “beispiellosen Angriff auf die Grundfesten der europäischen Einigung und der Demokratie. Diese gefährlichen Visionen und Vorhaben werden wir nicht einfach hinnehmen. Österreich kann und darf sich nicht an der Aushöhlung und Zerstörung der Europäischen Union beteiligen.” Auch Kogler sieht die ÖVP gefordert. “Als ursprüngliche ‘Europapartei’ muss die ÖVP endlich klarstellen, was sie zu tun gedenkt. […] “Offenbar reicht es der FPÖ auch nicht mehr, ihr ideologisches Vorbild in einem demokratisch ausgehöhlten Nachbarland wie Ungarn zu suchen. Jetzt bauen sie Brücken zu den islamistischen Taliban-Terrorfürsten, die Afghanistan mit unbeschreiblicher Gewalt und Chaos überziehen und mit brutalster Unterdrückung den Frauen das Leben zur echten Hölle machen.”


Der grüne Nationalratsabgeordnete Lukas Hammer schreibt auf X: “Die FPÖ zeigt am Stammtisch ihr wahres Gesicht: von Taliban-Verherrlichung über gewaltsame Abschiebefantasien bis zur Abschaffung der Menschenrechte – das ist einfach nur widerlich und abstoßend. Und für so eine Partei macht die ÖVP den Steigbügelhalter zur Macht – was für eine Schande!”

Am späten Dienstagabend äußerte sich auch das Mauthausenkomitee zur Causa. Die publik gewordenen Aussagen würden “einmal mehr bestätigen, dass die FPÖ eine rechtsextreme und rassistische Partei ist, die in keine Regierung gehört.” (red, APA, 14.1.2025)


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