Wie die Raiffeisenbank bei den Regierungsverhandlungen mitmischt

Koalition

Nicht nur die SPÖ schimpft über eine “Raiffeisen-Achse”. Auch die FPÖ zeigte sich stets skeptisch über das “Giebelkreuzregime” der schwarzen Hausbank, die der ÖVP 100.000 Euro “Mitgliedsbeitrag” zahlt

Wien – Sie ist die Hausbank der ÖVP und dadurch ein besonderer Machtfaktor in der Politik: Wenn koalitionsverhandelt wird, sitzen auch die Interessen der Raiffeisen-Bankengruppe am Tisch. Zumindest in der Wahrnehmung der Verhandlungspartner. Der berufliche Wechsel zwischen Politik und Raiffeisen (und umgekehrt) hat in der Volkspartei Tradition. Wenngleich es “die” Raiffeisen freilich nicht gibt und durchaus Differenzen zwischen den einzelnen Bundesländern, ihren Beteiligungen oder der Raiffeisenbank International bestehen.

Raiffeisen-Logo
Die Raiffeisen-Bankengruppe hält auch viel politische Macht.
REUTERS/LEONHARD FOEGER

Die Noch-Kanzlerpartei wird vom “Giebelkreuz” praktisch unterstützt, etwa mit Krediten oder Sponsorings. Im neuesten geprüften Rechenschaftsbericht der ÖVP, jenem für das Jahr 2021, wird etwa ein Sponsoring der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich in Höhe von 60.000 Euro ausgewiesen. Lange bevor das Ibiza-Video die Parteienfinanzierung in Österreich veränderte, wurde verdeckt Geld über die Agentur Mediaselect verschoben – das Verfahren wurde im Jahr 2020 “im Zweifel” eingestellt.


Und im Rechenschaftsbericht, den die ÖVP für das Jahr 2023 abgab, war ein Mitgliedsbeitrag in Höhe von 100.000 Euro durch den “Österreichischer Raiffeisenverband” angeführt.


FPÖ gegen “Giebelkreuzregime”

Fast so traditionell wie die enge Beziehung der ÖVP zum Giebelkreuz ist die Kritik der FPÖ an der Bankengruppe. Ihr damaliger Parteichef Heinz-Christian Strache ließ 2009 die Webseite “Giebelkreuzregime” einrichten. Sein heutiger Nachfolger Herbert Kickl ließ sich 2011 in einer Aussendung zitieren mit: “Die legendäre Raiffeisen-Fraktion der ÖVP im Parlament müsse sich ernsthaft überlegen, ob ihre Lobbyingtätigkeit mit ihren Mandaten noch vereinbar sei.”

Die FPÖ machte einst mit der Webseite “Giebelkreuzregime” gegen die Raika mobil.
Screenshot/Internet Archive

Ein besonderer Dorn im Auge der FPÖ waren stets die Medienbeteiligungen der Raiffeisen, etwa an Kurier und Profil. Kritische Berichte dort kommentierte FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker damit, dass die “Giebelkreuz-Front, also Medien im Einflussbereich der Raiffeisen-Gruppe, mobil” machten. Bei den Medienbeteiligungen der Raiffeisen landete übrigens auch Katharina Nehammer, die Ehefrau von Ex-Kanzler Karl Nehammer: Sie ist Managerin beim Agrarverlag.


SPÖ beklagt “ÖVP-Raiffeisen-Achse”

Die enge Bindung zur ÖVP zeigen auch Eventfotos. Kaum ein Minister verpasst Sommerempfänge und Jahrestagungen – selbst wenn wie im Jahr 2023 gleichzeitig im Parlament der Opfer des Nationalsozialismus gedacht wird. “Dies erstaunt, da einer Gedenkveranstaltung für die Opfer des Nationalsozialismus erheblichere Bedeutung als der Jahrestagung einer Bankengruppe zuzuordnen ist”, kommentierte die Neos-Abgeordnete Stephanie Krisper in einer parlamentarischen Anfrage an den damaligen Kanzler Nehammer lapidar.


Und auch bei der SPÖ bekommt die Raiffeisengruppe ihr Fett weg. Die “ÖVP-Raiffeisen-Achse” habe “völlig verantwortungslos” einen “fairen Beitrag der Banken verhindert” und somit die Verhandlungen zwischen ÖVP, SPÖ und Neos zum Platzen gebracht, polterte SPÖ-Geschäftsführer Klaus Seltenheim. Die Grünen waren während der Koalition vor allem über die Geschäfte der Raiffeisenbank International in Russland verärgert. “Sehr gravierend” nannte das die Abgeordnete Nina Tomaselli.

ÖVP
Viel ÖVP-Prominenz am Jahrestag der Raiffeisenbank NÖ/Wien
NLK Filzwieser

Zumindest in diesem Punkt dürfte es freilich weniger Knatsch mit einem blauen Koalitionspartner geben. Und natürlich ist die Lage diffiziler: So besorgte sich die FPÖ über ein Konstrukt mit einem Verein einst selbst einen Kredit bei der Raiffeisen Oberösterreich.


Dennoch bleibt das Giebelkreuz einer jener Punkte, die atmosphärisch zwischen den potenziellen Koalitionspartnern stehen. Bei einem Raiffeisen-Empfang Anfang des Jahres, zu dem alle türkisen Regierungsmitglieder kamen, sollen sich Manager und Industrielle durchaus skeptisch gegenüber der FPÖ gezeigt haben. Umgekehrt sollen Blaue wenig begeistert vom vermuteten Raiffeisen-Einfluss auf die Koalitionsverhandlungen sein: Raiffeisen-Generalanwalt und Miliz-Generalmajor Erwin Hameseder verhandelt Verteidigung mit, und wenn es ab Donnerstag ums Budget geht, soll für die ÖVP etwa der Ex-Kabinettschef im Finanzministerium und heutige Raiffeisen-Manager Clemens Niedrist mit am Tisch sitzen. Als Experte, wie es heißt. (Fabian Schmid, 22.1.2025)


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