Freiheitliche möchten Entscheidungen internationaler Gerichte “im Einzelfall nicht umsetzen”
Koalitionsverhandlungen
In blauen Verhandlerkreisen wurden Forderungen der FPÖ im Bereich EU-Politik abgesteckt: Die Freiheitlichen stellen sich gegen EU-Kompetenzerweiterungen und wollen internationalen Gerichten “nicht blind folgen”
Bei den Freiheitlichen stößt das erste geäußerte Ansinnen der ÖVP im Bereich EU-Politik offenbar auf wenig Begeisterung. ÖVP-Chef Christian Stocker hatte am Donnerstag vor Journalisten erklärt, dass er im Rahmen einer blau-schwarzen Koalition eine Regelung finden wolle, um auf EU-Ebene geeint aufzutreten. Mit einer solchen Vereinbarung möchte Stocker verhindern, dass Minister oder der Kanzler in EU-Gremien Positionen vertreten, die mit dem Koalitionspartner nicht abgestimmt sind. Aus blauen Verhandlerkreisen heißt es dazu bloß, dass ein einheitliches Auftreten der Regierung auf EU-Ebene “bis zur Causa Gewessler” ohnehin “immer selbstverständlich” gewesen sei. Die grüne Klimaschutzministerin Leonore Gewessler hatte im Sommer für das EU-Renaturierungsgesetz gestimmt – gegen den ausdrücklichen Willen der ÖVP.
Doch auch die Freiheitlichen haben bereits Forderungen abgesteckt, die der FPÖ in Bezug auf EU-Politik künftig wichtig seien. Konkret werden in blauen Verhandlerkreisen fünf Punkte genannt, die der FPÖ in den Regierungsgesprächen mit der ÖVP als “Richtschnur” dienen sollen: So brauche es etwa ein “unverrückbares Bekenntnis zum Einstimmigkeitsprinzip und zur Subsidiarität”, heißt es. Durch das Einstimmigkeitsprinzip ist gewährleistet, dass in sensiblen politischen Fragen alle Mitgliedsländer zustimmen müssen – einzelne Staaten können somit europäische Vorhaben blockieren. Die Subsidiarität schützt die Entscheidungsfähigkeit der Mitgliedstaaten.
Gerichtliche Entscheidungen “hinterfragen”
Die FPÖ wolle darüber hinaus Entscheidungen internationaler Gerichtshöfe hinterfragen. Sie dürften nicht “blind befolgt” werden, sondern müssten “mit Augenmerk auf die Interessen der Österreicher ausgelegt” werden, heißt es in freiheitlichen Verhandlerkreisen. “Im Einzelfall”, wird ausgeführt, sollen Entscheidungen internationaler Gerichte auch “nicht umgesetzt” werden. Als Beispiel wird ein “genereller Verfolgungsgrund für afghanische Frauen” angeführt.
Die Freiheitlichen, heißt es, würden sich in den Koalitionsverhandlungen auch dafür einsetzen, dass Österreich “keinen EU-Kompetenzerweiterungen” mehr zustimme. Außerdem brauche es eine “Rücknahme bereits begangener Sündenfälle wie der Schuldenunion”. Als fünfter Punkt wird angeführt, dass sich Österreich um “bessere und effektivere EU-Regeln” bemühen müsse. Als Beispiele werden hier die Bereiche Asyl- und Migration sowie “wirtschaftszerstörende Klimamaßnahmen” genannt.
Am Freitag hatte die Untergruppe zum Themenkomplex EU-Politik erstmals getagt. Aufseiten der ÖVP leitet Reinhold Lopatka die Gruppe, sein Gegenüber ist die FPÖ-Politikerin und enge Kickl-Vertraute Susanne Fürst. (Katharina Mittelstaedt, 25.1.2025)
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