Gemeinderatswahlen in Niederösterreich: ÖVP verliert, FPÖ mit Zugewinnen
Niederösterreich
Bei den Wahlen in 568 Gemeinden musste die ÖVP Verluste einstecken, bleibt aber die dominante Kraft. In drei Gemeinden könnte die FPÖ bald den Ortschef stellen
Schon am frühen Sonntagnachmittag machte sich bei der ÖVP Niederösterreich vorsichtig Erleichterung breit: Ein desaströses Ergebnis blieb den Schwarzen bei den Gemeinderatswahlen erspart. Kaum jemand in der Landespartei verneinte im Vorfeld, dass die ÖVP auch bei dieser Wahl Verluste wird einstecken müssen. Die große Ungewissheit war stets, wie groß das Minus in den Gemeinden ausfallen wird.
In etlichen Kommunen verlor die ÖVP dann auch Stimmen, doch die große Erfolgswelle der FPÖ blieb aus. Die ÖVP konnte ihre absolute Mehrheit und ihren ersten Platz in unzähligen Gemeinden halten. Die Landkarte Niederösterreichs bleibt auch nach diesen Gemeinderatswahlen großteils schwarz.
Blaue Zugewinne
Freude gab es nichtsdestoweniger auch bei den Freiheitlichen. In allen Regionen Niederösterreichs konnte die FPÖ zulegen und zieht in vielen Gemeinden erneut oder erstmals in den Gemeinderat ein. In Enzersdorf an der Fischa (Bezirk Bruck an der Leitha), Lassee (Bezirk Gänserndorf) und Pernitz (Bezirk Wiener Neustadt-Land) konnte die FPÖ gar den ersten Platz holen.
Gemischte Gefühle gab es bei der SPÖ. In einigen Gemeinden konnten die Sozialdemokraten ihren ersten Platz und damit wohl auch den Bürgermeistersessel verteidigen. Doch auch die SPÖ konnte an der schwarzen Vormachtstellung in vielen Gemeinden nichts ändern.
In Niederösterreichs zweitgrößter Stadt Wiener Neustadt verteidigte die ÖVP zwar ihren ersten Platz, musste aber mit einem Minus von neun Prozentpunkten deutliche Verluste einstecken. Spitzenkandidat Klaus Schneeberger und seine Partei kamen dort auf 36 Prozent, die SPÖ auf 26 Prozent und die FPÖ auf 21. Die drei Großparteien regierten dort bisher in einer Dreierkoalition.
Kein FPÖ-Erfolg in ehemaliger blauer Hochburg
Große Hoffnungen hatten die Freiheitlichen auch in der Gemeinde Bad Großpertholz (Bezirk Gmünd). Die Kommune im Waldviertel war für die Freiheitlichen eine der aussichtsreichsten Gemeinden, um einen Bürgermeister zu stellen. Von 2020 bis 2022 war Herrmann Hahn in Bad Großpertholz bisher der einzige freiheitliche Ortschef in ganz Niederösterreich. Zudem konnte die FPÖ 2020 dort ihr bestes Ergebnis erzielen. Den Bürgermeisterposten übergaben die Blauen dann nach der halben Legislaturperiode an die SPÖ.
Den Erfolg konnte die FPÖ aber am Sonntag nicht wiederholen: Die Blauen stürzten in der Gemeinde von 28 auf 15 Prozent ab. Die SPÖ wiederum konnte einen wahren Erdrutschsieg einfahren: Sie legte um 35 Prozentpunkte zu und hat ab sofort mit 65 Prozent die absolute Mehrheit im Gemeinderat inne.
Waldhäusl wird nicht Bürgermeister
Gespannt wurde am Sonntag auch auf das Ergebnis in Waidhofen an der Thaya gewartet. Für die FPÖ war die Waldviertler Bezirkshauptstadt die große Hoffnung, zum ersten Mal in der Zweiten Republik fünf Jahre lang einen freiheitlichen Bürgermeister zu stellen.
Niederösterreichs Zweiter Landtagspräsident Gottfried Waldhäusl hätte dort für die Freiheitlichen den gewünschten Erfolg bringen sollen. Doch auch in Waidhofen an der Thaya wurde es für die FPÖ nichts mit dem ersten Platz. Die ÖVP unter Josef Ramharter gewann mit 52 Prozent der Stimmen die absolute Mehrheit mit 16 von 29 Mandaten.
Die Freiheitlichen konnten zwar ebenfalls um acht Prozentpunkte zulegen und kommen damit auf rund 32 Prozent und neun Mandate – die ÖVP kann in Zukunft aber allein regieren. Die Grünen und die SPÖ kamen jeweils auf rund acht Prozent. “Ja, es war ein ehrgeiziges Ziel. Die Zeit ist derzeit anscheinend nicht reif für einen freiheitlichen Bürgermeister”, sagte Waldhäusl in einer ersten Reaktion.
Drei blaue Gemeinden
In Enzersdorf, wo Nationalratsabgeordneter Werner Herbert kandidierte, kam die FPÖ jedenfalls auf 35 Prozent und legte um 25 Prozentpunkte zu – die ÖVP stürzte dort von 44 auf 27 Prozent ab. In Pernitz kam die FPÖ auf 27 Prozent, in Lassee auf 32,6 Prozent – in beiden Gemeinden könnten die Blauen künftig den Bürgermeister stellen.
Auch in Kaumberg (Bezirk Lilienfeld), der Heimatgemeinde von FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker, verteidigte die ÖVP mit 68,54 Prozent (minus 1,51 Prozentpunkte) und unverändert 14 von 19 Mandaten den ersten Platz. Die Freiheitlichen legten von drei auf vier Sitze bzw. von 18 auf 23 Prozent zu. Hafenecker stellte ja im Vorfeld in den Raum, lieber Bürgermeister als FPÖ-Minister in einer etwaigen Bundesregierung zu werden.
Rote Verluste in Traiskirchen
Ein anderer Bundespolitiker, SPÖ-Chef Andreas Babler, trat in seiner Heimatgemeinde Traiskirchen (Bezirk Baden) nicht mehr an. Das hatte für die Roten am Sonntag deutliche Auswirkungen: Die SPÖ verlor zwölf Prozentpunkte. Die Bürgermeisterpartei, nunmehr unter Sabrina Divoky, hält jedoch mit rund 60 Prozent weiter eine klare absolute Mehrheit. 23 der 37 Sitze im Rathaus sind fünf weniger als 2020.
In einigen Gemeinden kam es am Sonntag zu einem Führungswechsel. Etwa in Drösing (Bezirk Gänserndorf): Dort regierte bisher die SPÖ mit einer absoluten Mehrheit. Das dürfte sich nach der Gemeinderatswahl ändern: Die ÖVP verzeichnet ein Plus von acht Prozentpunkten, während die SPÖ ein Minus von 16 Prozentpunkten einstecken muss. Die Schwarzen stellen damit in Zukunft zehn Mandatare im Gemeinderat, die SPÖ nur noch acht.
In Baden wird der ÖVP das Regieren in den nächsten fünf Jahren deutlich schwerer fallen: Dort verloren die Schwarzen 17 Prozentpunkte und kamen 24 Prozent. Recht knapp beieinander liegen SPÖ und Grüne (jeweils 17 Prozent), und eine Bürgerliste und die FPÖ (jeweils rund 15 Prozent).
Eine Niederlage musste am Sonntag Gemeindebundpräsident Johannes Pressl einstecken. Er ist ÖVP-Bürgermeister in der Gemeinde Ardegger (Bezirk Amstetten) und verlor mit seiner Partei neun Prozentpunkte, blieb mit 66 Prozent jedoch deutlich Erster. Einen Achtungserfolg konnten die Grünen beinahe in Mödling erzielen: die grüne Partei kam auf 26 Prozent, die ÖVP auf 27 – die Grünen schrammten damit knapp am ersten Platz vorbei. (Max Stepan, 26.1.2025)
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