ÖVP von FPÖ-Forderung nach einer Bankenabgabe überrascht
Koalitionsverhandlungen
Schlechte Stimmung zwischen den potenziellen Regierungspartnern nach einem heftigen Schlagabtausch über das Wochenende
Nach der ersten Woche an Gesprächen in den Untergruppen ist ordentlich Sand ins Getriebe der Koalitionsverhandlungen zwischen FPÖ und ÖVP geraten. Die FPÖ zeigt sich empört über die medial ventilierte Aufforderung von ÖVP-Obmann Christian Stocker, die Freiheitlichen mögen vom rechten Rand mehr in die politische Mitte rücken und sich klarer zu den Werten der Europäischen Union bekennen. Das Gegenteil trat ein: Die FPÖ möchte Entscheidungen internationaler Gerichte “im Einzelfall nicht umsetzen”, man wolle internationalen Gerichten “nicht blind folgen”, hieß es. Die freiheitliche EU-Abgeordnete Petra Steger hatte vergangene Woche bei einer Veranstaltung mit der AfD das EU-Parlament zudem als das “Herz des Unrechts” bezeichnet, wie jetzt bekannt wurde.
Etliche FPÖ-Landeschefs hatten Stocker gerügt und versuchten klarzumachen, dass die ÖVP der FPÖ zu folgen habe, nicht umgekehrt: Die FPÖ habe die Wahlen gewonnen.
Einfluss der Banken
Dann platzte die nächste Bombe: Die FPÖ fordert eine Bankenabgabe, um das Budget zu sanieren. In der Bankenkrise seien die Steuerzahler den Banken beigesprungen, jetzt sei der Zeitpunkt gekommen, an dem die Banken etwas zum Allgemeinwohl beitragen müssten. Die ÖVP trifft diese Forderung ins Mark: Die vehemente Forderung der SPÖ, eine Bankenabgabe einzuführen, war ein wesentlicher Grund, warum die ÖVP die Koalitionsverhandlungen mit der SPÖ platzen ließ – auch auf massiven Druck der Banken.
Von der aktuellen Forderung der FPÖ zeigt sich die ÖVP überrascht, in den Verhandlungen sei das noch kein Thema gewesen. Ventiliert wurde dieser FPÖ-Vorstoß über die Kronen Zeitung. Aus schwarzen Verhandlerkreisen heißt es, dass man darüber sprechen werde, wenn die FPÖ das in der zuständigen Untergruppe auf den Tisch legt. Verhandlungsleiter in der Gruppe Finanzen und Steuern ist auf ÖVP-Seite neben Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer der Generalsekretär der Raiffeisen-Holding Niederösterreich-Wien Clemens Niedrist. Bis 2022 war Niedrist Kabinettschef im Finanzministerium unter Magnus Brunner. Der Einfluss von Raiffeisen auf die Koalitionsverhandlungen sorgt bei der FPÖ für Ärger. Dass die FPÖ jetzt eine Bankenabgabe fordert, könnte als Retourkutsche dafür gesehen werden, dass Stocker über die Medien versucht hatte, der FPÖ Benehmen beizubringen. In der ÖVP ist von Theaterdonner die Rede, man hoffe auf eine Beruhigung der Lage und eine konstruktive Fortsetzung der Verhandlungen. (Michael Völker, 26.1.2025)
>read more at © Der Standard
Views: 0