Viele Hindernisse für baldige Waffenruhe
Entsprechend reagierte auch US-Präsident Donald Trump, der eine Waffenruhe vorantreiben will. Putins Aussagen seien „vielversprechend“, „aber nicht vollständig“. „Hoffentlich tun sie das Richtige“, sagte Trump mit Blick auf die russische Führung. Sollte Putin dem Vorschlag nicht zustimmen, wäre das ein „sehr enttäuschender Moment für die Welt“, so Trump. Er erklärte sich für ein Gespräch mit Putin bereit. Laut dem US-Fernsehsender CBS verhängt die US-Regierung weitere Sanktionen gegen Russland. Betroffen seien die Öl-, Gas- und Bankenbranche, auch der Zugang Russlands zum US-Zahlungssystem soll eingeschränkt werden.
Putin dankte Trump zuvor in der Pressekonferenz für seine Bemühungen und brachte in seiner Reaktion ein, dass es vielleicht nötig sei, mit amerikanischen Kollegen, mit Trump die offenen Fragen über die US-Vorschläge zur Waffenruhe zu diskutieren. „Die Idee an sich ist richtig, und wir unterstützen sie natürlich“, sagte Putin. „Aber es gibt Fragen, die wir diskutieren müssen.” Die Idee der USA und der Ukraine sei ein „übereilter“ Schritt, der nicht einer langfristigen Lösung diene.

Putin: „Viele offene Fragen“
Offen blieben etwa Fragen zur Kontrolle über eine Waffenruhe, sei doch die Front 2.000 Kilometer lang. Auch müsse gefragt werden, wofür eine solche Feuerpause genutzt würde: „Damit die Zwangsmobilisierung in der Ukraine fortgesetzt wird? Damit Waffen dorthin geliefert werden?“
Jeder Waffenstillstand müsse zu einem dauerhaften Frieden führen und die „tiefer liegenden Ursachen“ des Konflikts bekämpfen, betonte Putin. Bisher blieb Moskau bei seinen Maximalforderungen zur Beilegung des Konflikts, dazu gehören Forderungen, dass die Ukraine nicht NATO-Mitglied wird, in der Ukraine keine ausländischen Truppen stationiert und von der Ukraine territoriale Zugeständnisse an Russland gemacht werden.
Putin wolle sich nicht dem Vorwurf, ein Spielverderber zu sein, aussetzen, analysierte die BBC. Deshalb lehne er Friedensbemühungen nicht offen ab, er verweise aber auf einen Waffenstillstand zu seinen Bedingungen und werfe damit zahlreiche Fragen an Trump zurück. Ähnlich argumentierte auch ORF-Korrespondent Christian Lininger: „Putin will Trump nicht vor den Kopf stoßen und mit den USA weiter im Gespräch bleiben. Eigentlich will Putin aber keine Waffenruhe.“
Lininger (ORF): „Russland will eigentlich keine Waffenruhe“
Putin wolle Trump nicht vollständig vor den Kopf stoßen, wolle mit den USA weiter im Gespräch bleiben. Doch Russland wolle eigentlich keine Waffenruhe. Putin glaube, Russland gewinne den Ukraine-Krieg und daher würden weitreichende Bedingungen gestellt, analysiert ORF-Korrespondent Christian Lininger.
Situation in Kursk entscheidend
Putin machte zudem deutlich, weitere Schritte hinsichtlich einer Feuerpause seien auch von den Fortschritten der russischen Streitkräfte in der russischen Grenzregion Kursk abhängig zu machen. Dort rücken die russischen Soldaten derzeit vor, um die ukrainische Armee von russischem Territorium zu vertreiben. „Je nachdem, wie sich die Lage an Ort und Stelle entwickelt, werden wir uns auf die nächsten Schritte einigen, um den Konflikt zu beenden und zu einer für alle akzeptablen Einigung zu kommen“, sagte Putin.
Die ukrainischen Soldaten in Kursk stellte er vor die Wahl Kapitulation oder Tod: Die Lage in Kursk sei „vollständig unter unserer Kontrolle, und die Gruppe, die in unser Gebiet eingedrungen ist, ist isoliert“. Wenn es in den kommenden Tagen zu einer Blockade komme, werde niemand mehr in der Lage sein, das Gebiet zu verlassen. Putin: „Es gibt dann nur noch zwei Möglichkeiten: sich zu ergeben oder zu sterben.“ Die ukrainische Militärführung bestreitet, dass ihre Soldaten eingekesselt sind.
Selenskyj: „Manipulative” Reaktion“
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bezeichnete Putins Reaktion als „manipulativ“. Er lehnte dessen „Vorbedingungen“ ab. „Was wir von Russland gehört haben, sind Putins sehr vorhersehbare und sehr manipulative Worte“, sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache Donnerstagabend: „In der Praxis bereitet er eine Ablehnung vor.“
Selenskyj will, dass die europäischen Verbündeten bei einem Ende des bereits seit drei Jahren andauernden Krieges militärische „Kontingente“ auf ukrainischem Territorium stationieren. Frankreich und Großbritannien schlugen vor, Friedenstruppen zu entsenden. Moskau reagierte darauf bereits mit scharfen Worten. Eine Entsendung von europäischen Friedenstruppen in die Ukraine würde den Eintritt in einen „direkten bewaffneten Konflikt“ mit Russland bedeuten, sagte die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa.
Kiew: Keine Zustimmung zu eingefrorenem Konflikt
Am Donnerstag teilte ein ukrainischer Regierungsbeamter gegenüber Reuters mit, dass sich Kiew darüber im Klaren sei, dass es das gesamte besetzte Gebiet nicht sofort mit militärischer Gewalt von den russischen Truppen zurückerobern könne und dass die Rückeroberung auf diplomatischem Wege erfolgen müsse. Kiew erkenne aber russische Rechte über ukrainisches Gebiet nicht an.
Später meldete sich der Stabschef von Selenskyj, Andrij Jermak, zu Wort. Die Ukraine werde einem eingefrorenen Konflikt mit Russland nicht zustimmen. Die Ukraine habe mit den USA vereinbart, dass Vertreter aus Europa auf jeden Fall an dem Friedensprozess teilnehmen werden.
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