Familienministerin Plakolm: “Mein Leitbild ist das von Vater, Mutter und Kindern”

Claudia Plakolm
Claudia Plakolm hat sich das Image zugelegt, besonders heimatverbunden zu sein. Sie sagt: “Für mich bedeutet Familie mein Daheim, wo mehrere Generationen unter einem Dach leben.”
© Christian Fischer

Das neue Büro von Claudia Plakolm im Kanzleramt ist spartanisch eingerichtet: ein Besprechungstisch, ein Stehschreibtisch, zwei Couchsessel. “Zur Dekoration” hat die frisch angelobte Kanzleramtsministerin ihre blaue “Festival-Posaune” aufgestellt. Den großen denkmalgeschützten Wandspiegel ließ sie von einem Künstler bemalen – mit abwaschbarer Farbe. “Now or never” steht darauf. Gelbe Sterne wie auf der EU-Flagge bilden eine Uhr, auf der es fünf vor zwölf ist. Plakolms künftige Betätigungsfelder: Integration, Jugend, Familie, EU. Sie setzt sich und nippt noch schnell an ihrem Tee.


STANDARD: Als leidenschaftliche Mühlviertlerin, die Sie sind: Wie gut haben Sie sich inzwischen in Wien integriert?


Plakolm: Ich verbringe den Großteil meiner Woche in Wien und würde sagen: gar nicht so schlecht!


STANDARD: Integration wird einer Ihrer Schwerpunkte sein. Sie sagen: Wer bei uns leben will, muss “Teil werden”. Wie ist man Teil?


Plakolm: Teil ist man, wenn man bereit ist, die deutsche Sprache zu lernen, arbeiten zu gehen und sich an unsere Regeln, Gesetze und Werte zu halten. Das erwarten wir.


STANDARD: Was haben Sie mit Menschen vor, die diese Anforderungen nicht erfüllen?


Plakolm: Die müssen mit Konsequenzen rechnen – etwa der Kürzung von Sozialleistungen.


STANDARD: Ob sich das rechtskonform machen lässt, ist fraglich. Wann soll das umgesetzt sein?


Plakolm: Wir haben dafür einen ganzen Integrationspfad vorgesehen und arbeiten schon jetzt an der Einführung. Aber das geht nicht von heute auf morgen.


STANDARD: Sollten Integrationsunwillige aus Ihrer Sicht das Land verlassen müssen?


Plakolm: Integration kann nur gelingen, wenn die Betroffenen ihre Bringschuld erfüllen. Man muss nichts schönreden, es wird auch weiterhin Menschen geben, die sich stattdessen lieber in der eigenen Community verstecken. Der Hebel, den wir haben, ist die Kürzung von Sozialleistungen.

Claudia Plakolm ist als Kanzleramtsministerin künftig für Integration, EU, Familie und Jugend zuständig.
© Christian Fischer

STANDARD: Im Regierungsprogramm ist das Ziel definiert, dass in Österreich gar keine Asylanträge mehr gestellt werden. Sie sagen jetzt also: Das Boot ist voll?


Plakolm: Unser Sozialsystem ist an vielen Stellen überlastet. Im städtischen Bereich hat mehr als jedes zweite Kind nicht mehr Deutsch als Muttersprache und kann dem Unterricht nicht folgen. Aus diesem Grund drücken wir jetzt die Stopptaste und haben den Familiennachzug ausgesetzt.


STANDARD: Auch da ist noch nicht geklärt, ob das rechtlich überhaupt möglich ist. Ist Ihnen das EU-Recht zu rigide?


Plakolm: Wir haben eine Whatsapp-Gruppe der EU-Ministerinnen und EU-Minister, und in der habe ich Informationen weitergegeben, wie Österreich den Familiennachzug stoppen will. Das ist auf großes Interesse gestoßen. Und ja, am Ende muss vielleicht auch das europäische Recht geändert werden.


STANDARD: Sie wollen ein Barometer einführen, um die Belastung des Bildungs- und Sozialsystems zu überwachen. Je nach Situation soll dann Familiennachzug wieder ermöglicht werden. Wann werden Asylberechtigte Familienmitglieder wieder nach Österreich holen können?


Plakolm: Wir arbeiten jetzt einmal an der rechtlichen Umsetzung des Stopps.


STANDARD: Kritisiert haben Sie auch, dass Kinder im Ramadan fasten und dann unausgeschlafen und träge in der Schule sitzen würden. Wenn das ein Problem ist, was wollen Sie dagegen tun?


Plakolm: Ich halte das für eine radikale Tendenz und bedenklich. Wer hier leben will, muss sich an unsere Werte halten. Dazu gehört auch, dass man ausgeschlafen in die Schule kommt und dem Unterricht folgen kann. Hier sind die Eltern und die islamische Glaubensgemeinschaft in der Pflicht.

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DER STANDARD

STANDARD: Finden Sie denn, der Islam gehört in Österreich zurückgedrängt?


Plakolm: Österreich ist ein christliches Land, und es gibt grundsätzlich ein friedliches Miteinander aller Glaubensgemeinschaften. Aber wir haben ein Problem mit radikalen Tendenzen im Islam, die zunehmen. Hier muss es zu einer Gegenentwicklung kommen, und ich erwarte auch hier ein klares Vorgehen der islamischen Glaubensgemeinschaft.


STANDARD: Gibt es aus Ihrer Sicht denn auch gesellschaftliche Vorteile durch Zuwanderung?


Plakolm: Unsere Gesellschaft ist natürlich stark durch das Miteinander geprägt worden. Unser Land ist bekannt für große Hilfsbereitschaft, damit Menschen, die vor Krieg flüchten, eine Perspektive haben. Hilfsbereitschaft darf aber nicht missbraucht werden. Ich richte deshalb auch gerade eine Taskforce ein. Es gibt gehäuft Fälle von Menschen, die mit ukrainischen Pässen nach Österreich kommen, aber weder Ukrainisch noch Russisch sprechen. Sie kommen mutmaßlich auch gar nicht aus Kriegsgebieten, aber beziehen hier Familienleistungen. Auch das muss man abstellen.


STANDARD: Sie sind außerdem für Familienpolitik zuständig. Gibt es für Sie denn eine ideale Form von Familie?


Plakolm: Für mich bedeutet Familie mein Daheim, wo mehrere Generationen unter einem Dach leben und füreinander sorgen. Mein politisches Leitbild einer Familie ist das von Vater, Mutter und Kindern. Klar ist aber auch, dass Familie in vielen Konstellationen stattfinden kann und wir Menschen niemals vorschreiben, wie sie zu leben haben.


STANDARD: Die Zahlen zeigen, dass Männer kaum mehr unbezahlte Arbeit in der Familie leisten als noch vor zehn Jahren. Soll sich die Politik stärker einmischen?


Plakolm: Ja, ich bin für ein gleichberechtigtes Miteinander in vielen Bereichen, was Mann und Frau betrifft. Natürlich auch in Familie, Haushalt und Beruf.

Claudia Plakolm in Ihrem Büro mit Posaune
Claudia Plakolm hat ihre blaue “Festival-Posaune” im Büro aufgestellt. Von der EU wünsche sie sich weniger Regulierung, die man “nationalstaatlich besser lösen könnte”.
© Christian Fischer

STANDARD: Die neue Frauenministerin hat sich klar als Feministin deklariert. Würden Sie sich auch so bezeichnen?


Plakolm: Ich bin auch eine Feministin, wenn man damit die Gleichberechtigung von Mann und Frau meint. Ich bin keine Feministin, wenn man damit nur die Bekämpfung von Männern meint.


STANDARD: Im STANDARD hatten wir am Mittwoch eine zweite Klasse aus einem Gymnasium zu Besuch. Die Schülerinnen und Schüler wollen von Ihnen wissen, wie Sie als Jugendministerin zum Handyverbot in der Schule stehen. In der Klasse kommt die Maßnahme nicht besonders gut an.


Plakolm: Ich war diesbezüglich in der Vergangenheit selbst skeptisch, aber finde es grundsätzlich gut, dass wir uns darauf im Regierungsprogramm geeinigt haben. Weniger Handy im Unterricht ist am Ende für alle Beteiligten begrüßenswert. Das Verbot befreit uns aber nicht von der Pflicht, dass wir uns in der Schule mehr damit auseinandersetzen, welche Gefahren im Internet lauern.


STANDARD: Sie sind auch für die EU zuständig und sagen, Sie wollen ein Europa, das “nicht reguliert, sondern regelt”. Welche EU-Regulierungsmaßnahme stört Sie denn?


Plakolm: Grundsätzlich stört mich jede Regulierung, die man nationalstaatlich besser lösen könnte. Konkret fällt mir die Renaturierung ein. Es macht einen Unterschied, ob man in Finnland vier Sümpfe renaturiert – oder in einem gebirgigen Land wie in Österreich.


STANDARD: Sie werden jetzt viel reisen. Wie viele Sprachen sprechen Sie eigentlich?


Plakolm: Natürlich Englisch. Ich habe auch sechs Jahre Französisch in der Schule gelernt, das frische ich gerade auf. Die Basics in Tschechisch habe ich auf der Uni gelernt, um als Mühlviertlerin auch im angrenzenden Nachbarland nach dem Weg fragen zu können.


STANDARD: Ministerin wären Sie wohl in jeder Regierungskonstellation geworden. Aber sind Sie erleichtert, dass Herbert Kickl jetzt doch nicht Bundeskanzler ist?


Plakolm: Der Blick in die Vergangenheit nützt nichts. Wir haben mit SPÖ und Neos ein sehr gutes Regierungsprogramm entwickelt. Da stehen einige Punkte drinnen, die wir auch mit der FPÖ verhandelt hatten. Da könnte die FPÖ im Parlament auch mitstimmen.


STANDARD: Zum Abschluss: Sie wurden oft für den flapsigen Spruch kritisiert, dass man mit 30 ein Haus gebaut, ein Kind gezeugt und einen Baum gepflanzt haben sollte. Sie sind inzwischen 30. Haben Sie schon einen Baum gepflanzt?


Plakolm: Ich habe tatsächlich schon viele Bäume gepflanzt – vielleicht kompensiert das, dass ich beim Rest etwas in Verzug bin. (Katharina Mittelstaedt, 14.3.2025)


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