Finanzminister Marterbauer: Einheitliche Erhöhung des Pensionsalters “ungerecht”
Budgetsanierung
Einem eventuellen EU-Defizitverfahren sieht Marterbauer gelassen entgegen. Grundsätzlich dürfe man beim Sparen aber nicht in eine “Teufelsspirale” fallen

Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) sieht einem allfälligen EU-Defizitverfahren gelassen entgegen. Es gilt als immer wahrscheinlicher, dass ein solches eintreten wird. Er würde gerne etwas zur Entdramatisierung beitragen wollen, sagte Marterbauer am Samstag in der Ö1-Sendereihe Im Journal zu Gast. So ein Verfahren sei “kein Hals- und Beinbruch”, so der SPÖ-Minister. “Es bedeutet im Wesentlichen, dass man die Budgetmaßnahmen laufend im Quartal mit der Kommission abstimmt. Also, ich fürchte mich davor überhaupt nicht.”
Angesprochen auf die massiv steigenden Kosten der Pensionen, so sieht er diese zumindest kurzfristig als gelöst. Er verweist auf die Korridorpension, die schrittweise das Pensionsalter erhöht, und die Teilpension für Menschen, die weiter arbeiten wollen. Aber längerfristig das Alter noch weiter anzuheben, sei “bei einem einheitlichen Alter ungerecht”. Die durchschnittliche Lebenserwartung sei in den vergangenen Jahrzehnten zwar stark gestiegen, jedoch unterscheide sie sich innerhalb der Bevölkerung. Menschen mit guter Ausbildung leben durchschnittlich länger als schlechter ausgebildete. Durch eine Anhebung “verschärft man die Ungerechtigkeit”, sagt er. In der aktuellen Regierungsperiode steige sie aber effektiv an, “das muss wirklich sein”.
“Teufelsspirale” Budget
Eine Sanierung des Budgets sei Marterbauer zufolge notwendig, auch wenn er diese zuvor in seiner Rolle als Chefökonom der Arbeiterkammer kritisiert hatte. Dennoch seien die Pläne im Vergleich zu jenen, die zuvor ÖVP und FPÖ hatten, “sozial verträglicher”, sagt er. Er verweist auf die Bankenabgabe und den Energiekrisenbeitrag. Grundsätzlich dürfe Österreich aber nicht in eine “Teufelsspirale”, wie er sagt, fallen, bei der ein schlechtes Budget für weniger Ausgaben sorgt, wodurch wiederum die Konjunktur sich verschlechtert, und so weiter.
Finanzstaatssekretärin Barbara Eibinger-Miedl (ÖVP) hatte sich zuletzt in einem APA-Interview wenig optimistisch gezeigt, dass angesichts der trüben Wirtschaftsaussichten das geplante Konsolidierungsvolumen von 6,4 Mrd. Euro heuer reichen werde. Über mögliche Nachbesserungen wollte sie jedoch noch nicht spekulieren. Eibinger-Miedl schloss aber nichts aus. “Wir werden notfalls wie andere Länder auch mit einem Defizitverfahren umgehen können”, wenn man sonst Gefahr laufe, die Konjunktur abzuwürgen, so die ÖVP-Staatssekretärin.
Marterbauer erklärte gegenüber dem “Ö1-Journal”, er könne diese “Position unterstreichen und unterstützen.” Er habe 17 Jahre lang die Konjunkturprognosen am Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFI) geleitet. “Ich weiß daher ungefähr, wohin die Reise geht.”
Anrufen statt zum Arzt gehen
Gefragt über mögliche Sparmaßnahmen im Gesundheitsbereich, sagte Marterbauer, dass vor allem mithilfe von Prävention für “mehr gesunde Lebensjahre” gesorgt werden müsse, denn die verursache auch weniger Kosten. Kurzfristig gespart werde, wenn etwa Patientinnen und Patienten künftig Probleme unter der Rufnummer 1450 besprechen und zunächst den Hausarzt anstatt einer Fachärztinaufsuchen.
Im Bereich Bildung hatte er im STANDARD-Interview angekündigt, dass die Regierung erwäge, kleinere Schulen zu schließen. Dabei gehe es ihm um Reformen der Strukturen, sagt er, sodass die Schulleistungen sich nicht verschlechtern.
Lohnnebenkosten zu senken könne er sich nur vorstellen, wenn es eine Gegenfinanzierung gebe – sonst koste das dem Staat bis zu zwei Milliarden Euro. Er sei mit Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer im Austausch. “Wir wollen kreativ sein, lassen sie uns Zeit”, sagte er. (muz, APA, 22.3.2025)
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