Ganzkörper-Muttermalkontrollen in Niederösterreich kostenpflichtig, aber keiner will schuld sein

Gesundheitspolitik

Der Landesärztekammer zufolge seien Checks an Hautgesunden bis 1. April aus Kulanz gemacht worden. Die Gesundheitskasse sieht das anders. Sie erntet auch in der Steiermark Kritik

Alexander Raths – stock.adobe.co

Ärztekammer Niederösterreich und Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) spielen Schwarzer Peter. So wirkt es zumindest, wenn man einen genauen Blick darauf wirft, wie sich die beiden bezüglich der Ganzkörperhautkontrollen äußern. Die Konsequenzen treffen aber jedenfalls die Patientinnen und Patienten: Seit heute, 1. April, empfiehlt die Ärztekammer den Kassenhautärztinnen und Kassenhautärzten in Niederösterreich, Ganzkörperkontrollen von Muttermalen privat zu verrechnen, wenn keine Ausnahme vorliegt. Mehrere Patientinnen und Patienten wurden vorab informiert, dass ab April dafür Kosten anfallen.


Weder Ärztekammer noch Gesundheitskasse wollen aber für diesen Schritt verantwortlich sein: Bei der ÖGK, die derzeit wegen ihres Finanzlochs Schlagzeilen macht, heißt es, trotz des erwarteten Verlusts von über 900 Millionen Euro habe man “nicht geplant, die Muttermalkontrolle als wichtige Vorsorgemaßnahme zu ändern bzw. die Verrechnung einzuschränken”. In der Präzisierung der dem STANDARD auf Nachfrage zugesandten Stellungnahme steht dann aber gar kein Widerspruch zu dem, was auch die Ärztekammer Niederösterreich sagt: “Jeder Krankheitsverdachtsfall (z. B. verdächtiges Muttermal) ist von unseren Vertragsfachärzt*innen mit geeigneten Mitteln (z. B. Auflichtmikroskopie) abzuklären”, hielt die ÖGK weiter fest. Diese Abklärung sei “mit den bestehenden Honorarordnungspositionen mit der ÖGK abzurechen”. Privatleistungen seien dafür nicht zulässig, ebenso wenig eine “einseitige Änderung der Verrechnungspraxis”. Man sehe darin eine vertragswidrige Vorgehensweise.


Die Ärztekammer Niederösterreich gibt aber ohnehin an, dass eine auffällige Hautveränderung weiter auf Kasse von Dermatologinnen und Dermatologen abgeklärt werde. “Selbstverständlich” sei das so, sagt Krista Ainedter-Samide, Fachärztin für Haut- und Geschlechtskrankheiten, Fachgruppenobfrau der Ärztinnen- und Ärztekammer Niederösterreich. Außer Streit steht auch die Ganzkörperkontrolle bei Risikopatientinnen und -patienten oder nach einer Überweisung durch Hausarzt oder Internistin. Diese können im Übrigen im Zuge der Gesundenuntersuchung einen Ganzkörperhautcheck auf Kasse machen.


Es fehlen Kassenhautärzte

Die Landesärztekammer gibt an, die Ganzkörperuntersuchungen für Hautgesunde bisher aus Kulanz angeboten zu haben, das aber aufgrund mangelnder Ressourcen nicht mehr tun zu können. Von 38 Kassenplanstellen seien derzeit nur 25 besetzt, sagt Ainedter-Samide. Das habe wochen- bis monatelange Wartezeiten zur Folge. Und es gehe auch darum, Kapazitäten für Menschen mit akuten Hautproblemen zu haben.


Die Stimmung zwischen ÖGK und Ärztekammer ist derzeit generell aufgeheizt. Am Montag zeigte sich der Kurienobmann der niedergelassenen Ärzte, Edgar Wutscher, aufgebracht aufgrund der Forderung des ÖGK-Obmanns Peter McDonald nach einem “Solidarbeitrag” der Ärzte und gezielterem Zuweisen von Patientinnen und Patienten an Labors und für MRT- und CT-Untersuchungen.


Die steirische Ärztekammer teilte am Dienstag in einer Aussendung mit, die Forderung der ÖGK nach einem Solidarbeitrag der Ärzte sei “an Zynismus nicht mehr zu überbieten”. Ihre eigenen Einsparungsvorschläge an die Gesundheitskasse: Abgabe des Hanusch-Krankenhauses an die Stadt Wien, Schließung von ÖGK-Ambulatorien und Übertragung von ÖGK-eigenen Reha-Einrichtungen an die Pensionsversicherungsanstalt. (Gudrun Springer, 1.4.2025)


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