Gewessler verkündet Kandidatur für Grünen-Vorsitz
Parteiführung
Die frühere Klimaschutzministerin soll Werner Kogler an der Spitze der Grünen nachfolgen. Ex-Justizministerin Alma Zadić will Gewessler unterstützen und wird nicht kandidieren

Viel Feind, viel Ehr’: Seit Leonore Gewessler als Klimaschutzministerin vergangenen Sommer dem EU-Renaturierungsgesetz gegen den Willen der ÖVP zugestimmt hat, gilt sie in den Reihen des damaligen Koalitionspartners als Persona non grata. Doch innerhalb der Grünen machte der Coup die heute 47-Jährige zum Star. Nun will sie an die Spitze der grünen Partei: “Ich mach’s. Ich bewerbe mich als neue Bundessprecherin”, verkündete Gewessler am Mittwochvormittag per Videobotschaft.
Bei der vergangenen Nationalratswahl trat noch einmal Langzeitparteichef Werner Kogler an, um sich ein Minus von 5,66 Prozentpunkten abzuholen. Im Rahmen des am 29. Juni stattfindenden grünen Bundeskongresses soll dann der Wechsel erfolgen. “Ja, wir haben auch Fehler gemacht. Wir haben Wahlen verloren. Ich nehme das ernst und will es besser machen”, begründet Gewessler ihre Entscheidung.
Genauere Details will die Politikerin am Donnerstag bei einer Pressekonferenz bekanntgeben. Kernthemen, die Gewessler als grüne Parteichefin forcieren würde, skizzierte sie aber schon am Mittwoch: “Ich will, dass Frauen selbst entscheiden, wie viel sie arbeiten und wie ihre Kinder betreut werden. Ich will mit jungen Menschen wieder für das Klima kämpfen. Ich will, dass unsere Wirtschaft stark ist.”
Vehemente Ablehnung zweier Straßenprojekte
Vor allem gegen den Bau zweier Verkehrsprojekte in Wien und Niederösterreich (Lobautunnel und Marchfelder Schnellstraße) trat Gewessler als Ministerin vehement auf. Das stieß vor allem der ÖVP und der FPÖ sauer auf: “Es kann nicht sein, dass eine Region unter Spielchen der Verkehrsministerin (Leonore Gewessler, Anm.) leidet”, sagte etwa Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) zuletzt.
Kritikerinnen und Kritiker warfen ihr deshalb etwa vor, zu polarisierend für den Posten der Parteichefin zu sein. Aber: “Das ist nie ein Nachteil, weil Polarisierung bringt Profil und Klarheit”, meinte Meinungsforscher Peter Hajek zur APA. Problematisch könne dagegen die thematische Breite von Gewessler sein. “Natürlich ist es richtig, Umwelt und Klima ins Zentrum zu stellen – das ist ja eine Art Lebensversicherung für die Partei, auch wenn es derzeit nicht ganz oben auf der Agenda steht”, erklärte Politikberater Thomas Hofer.
Aber sie müsse an Breite zulegen, das habe sie in ihrer Zeit als Ministerin nicht getan. Vorerst geht es laut Hofer bei den Grünen allerdings ohnehin nicht um ein Wachsen in Richtung 20 Prozent, sondern um das Sichern des eigenen Wählerpotenzials und etwa das Wiedererreichen der 14 Prozent im Jahr 2019.
Zadić wird nicht kandidieren
An sich beginnt die offizielle Bewerbungsfrist für die grüne Parteispitze erst vier Wochen vor dem Kongress, also am 4. Mai. Doch eine Kampfabstimmung zwischen Promis wird wohl nicht stattfinden. Ex-Justizministerin Alma Zadić und der oberösterreichische Landesrat Stefan Kaineder, die ebenfalls als Kogler-Nachfolger gehandelt wurden, werden nicht antreten, wird dem STANDARD bestätigt.
Zadić selbst gab zudem auf Bluesky bekannt, dass sie Gewessler unterstützen wolle: “Mit dir an der Spitze werden wir ein großartiges Team sein.” Auch von Noch-Bundesparteiobmann Kogler gab es Lobesworte: “Du schreckst vor keiner noch so großen Herausforderung zurück und kämpfst verlässlich für eine bessere Welt.”
Dass Gewessler beim Bundeskongress dann auch tatsächlich als einzige Kandidatin auf dem Podium steht, sei noch unklar, heißt es von den Grünen. Prominente Gegenkandidatinnen und -kandidaten seien aber nicht bekannt. “Theoretisch kann sich aber jeder und jede aus der grünen Partei aufstellen lassen”, sagt eine Sprecherin.
Gewessler war von 2020 bis 2025 Ministerin für Klimaschutz, Energie und Verkehr. Davor war sie von 2014 bis 2019 Geschäftsführerin der Umweltschutzorganisation Global 2000. Erste politische Erfahrungen sammelte die gebürtige Grazerin als Büroleiterin in der Bezirksvorstehung im 7. Wiener Gemeindebezirk. Derzeit ist Gewessler Nationalratsabgeordnete für die Grünen und dort Bereichssprecherin für Klimaschutz und Energie. (Gerald John, Max Stepan, 9.4.2025)
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