Norbert Hofer als blauer Nationalratspräsident aus dem Rennen
Chancenreichste Kandidaten
Die FPÖ hat gute Chancen, erstmals das zweithöchste Amt im Staat zu besetzen. Für den Posten kursieren mehrere Namen. Norbert Hofer kommt nicht mehr infrage, er will Erster im Burgenland werden
In zwanzig Tagen ist es so weit: Ein letztes Mal wird Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) am 24. Oktober sein Glöckchen läuten, um eine Sitzung im Hohen Haus zu eröffnen und den Vorsitz zu führen. Bei dieser konstituierenden Sitzung werden nicht nur die 183 Abgeordneten angelobt, sondern auch das Nationalratspräsidium neu gewählt.
Die Chancen stehen für die FPÖ jedenfalls ganz gut, dass der Erste Nationalratspräsident und damit das zweithöchste Amt im Staat erstmals an sie geht. Mit der Entscheidung, welchen Kandidaten die Freiheitlichen für den Posten nominieren, will sich FPÖ-Chef Herbert Kickl noch Zeit lassen, sagte er Mittwochnachmittag vor den blauen Gremiensitzungen. Auch andere Parteien hätten diese Entscheidung immer erst knapp vor der konstituierenden Sitzung getroffen: “Wir werden es genauso halten.” Die FPÖ habe eine ganze Reihe von guten und geeigneten Kandidaten, dass sich die anderen Parteien alle Finger abschlecken würden. Und: “Wir werden die richtige Entscheidung zur richtigen Zeit treffen.”
“Coming home” ins Burgenland
Ein logischer Kandidat ist seit Donnerstagabend aus dem Rennen: der Dritte Nationalratspräsident Norbert Hofer. Er wird das Parlament verlassen, um im Burgenland als blauer Spitzenkandidat in die Landtagswahl im Jänner 2025 zu ziehen. Darauf hat sich der Landesparteivorstand in Pinkafeld, der Heimatstadt des Dritten Nationalratspräsidenten, verständigt.
Mit dem Wechsel in sein Heimatbundesland ist eine Kandidatur als Nationalratspräsident jedenfalls vom Tisch. Hofer wurde zwar größeres Interesse am Amt des Nationalratspräsidenten als an der Spitzenkandidatur im Burgenland nachgesagt. Er hatte zuletzt aber auch immer betont, dass er in der Partei dort zur Verfügung stehe, wo er gebraucht werde.
“Ich komme nicht ins Burgenland zurück, um Zweiter zu werden”, erklärte Hofer bei einer Pressekonferenz in Eisenstadt Freitagvormittag. “Es braucht ein politisches Schwergewicht als echten Ausgleich.” Die Entscheidung, die Spitzenkandidatur zu übernehmen, sei eine “Herzensentscheidung” gewesen. Im Nationalrat bleibe er noch für wenige Monate, kündigte er an. Sein Mandat im Nationalrat geht danach an Michael Gmeindl. Landesparteiobmann bleibt im Burgendland aber Alexander Petschnig, betonte dieser.
Das Burgenland sei ihm dann auch wichtiger als die Präsidentschaftskandidatur 2028, sagte Hofer. Eine Vereinbarung mit Bundesparteiobmann Herbert Kickl, 2028 für das Amt des Bundespräsidenten zu kandidieren, gebe es nicht. “Wenn ich im Burgenland gewählt bin und Regierungsarbeit leiste, ist mir das Burgenland wichtiger. (…) Mein Lebenstraum ist hier im Burgenland und sonst nirgends.”
Auf die Frage, ob es ihm leidtue, nicht Nationalratspräsident zu werden, meinte Hofer: “Das wäre möglich gewesen, die Unterstützung wäre da gewesen. (…) Aber dieses Zeitfenster ist jetzt für mich da, dieses ‘coming home’ zu machen, und das nütze ich, um mir den Traum im Burgenland zu erfüllen.” Gerüchte, wonach Kickl ihn auf Bundesebene “loswerden” wolle, stellt Hofer in Abrede. Die Entscheidung habe er selbst beim Sport – auf dem Rudergerät – getroffen.
Mögliche blaue Kandidaten
Überraschend kommt das Ganze nicht: Schon seit längerem kursierte, dass Kickl, der Hofer an der Parteispitze abgesägt hat, andere Personen für den Posten des Nationalratspräsidenten favorisiere. So liebäugelte er zuletzt etwa damit, eine Frau für das Amt zu nominieren. In diesem Fall käme die Abgeordnete Susanne Fürst am ehesten infrage. Aber auch der einstige Klubobmann und nunmehrige Volksanwalt Walter Rosenkranz, den die FPÖ vor zwei Jahren als Kandidaten für die Bundespräsidentenwahl aus dem Hut gezaubert hatte und der wieder in den Nationalrat einzieht, soll im Gespräch sein. Außerdem soll Klubdirektor Norbert Nemeth, der ebenfalls ein Mandat errungen hat, Interesse an dem Amt haben.
Für Hofer hätte zwar gesprochen, dass ihm von den anderen Parteien eine grosso modo tadellose Amtsführung attestiert wurde und er deshalb wohl der unumstrittenste Kandidat gewesen wäre. Aber auch Rosenkranz wäre für andere Parteien möglicherweise wählbar – oder zumindest wählbarer als die Kickl-Vertrauten Fürst und Nemeth. Letzterer war vergangenen Freitag einer der Trauergäste bei jenem Begräbnis, auf dem die Hymne der Schutzstaffel Hitlers gesungen wurde.
Positive Signale anderer Parteien
Mittlerweile zeichnet sich jedenfalls ab, dass ein von der FPÖ nominierter Kandidat auch eine Mehrheit im Parlament bekommen könnte. Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) hat sich am Dienstag dafür ausgesprochen, dass die FPÖ jemanden für das Amt des Nationalratspräsidenten vorschlägt. Die Nachfrage, ob die ÖVP jedem blauen Vorschlag zustimmen würde, beantwortete Nehammer nicht. Aus der SPÖ kommen ähnliche Signale: Die Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures plädiert dafür, den Posten der stärksten Fraktion zu überlassen, weil dies den Usancen entspreche. Die Bundes-SPÖ betont: Die Zustimmung hänge davon ab, ob die FPÖ eine “untadelige” Person zur Wahl stelle. Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger will ebenfalls eine untadelige, überparteiliche Person sehen – die könne auch von der FPÖ kommen, das schließe sie nicht aus.
Die Grünen hingegen sprechen sich klar gegen einen freiheitlichen Nationalratspräsidenten aus. “In der Schönheit der Verfassung steht nichts davon, dass jemand aus einer rechtsextremen Gruppe an der Spitze des österreichischen Nationalrats stehen muss”, sagte Vizekanzler Werner Kogler. (Sandra Schieder, 4.10.2024)
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