Öffentlich Bedienstete erreichen Gehaltsabschluss und sagen Demo ab

Keine Großdemonstration

Der Gehaltsabschluss beträgt 3,5 Prozent, zur Fixierung braucht es aber noch einen Beschluss im Nationalrat. Für die Neos ist die Erhöhung zu kräftig, sie fühlen sich von ÖVP und SPÖ “übergangen”

Wiener Pflichtschullehrerinnen
Im Oktober protestierten Wiener Pflichtschullehrerinnen.
APA/JUDITH RISS

Wien – Unmittelbar vor einer am Dienstag geplanten Großdemonstration der öffentlich Bediensteten ist doch noch ein Gehaltsabschluss gelungen. Das teilten die zuständigen Gewerkschaften GÖD und Younion in einer Aussendung mit. Laut dem Vorsitzenden der GÖD, Eckhard Quin, beträgt der Abschluss 3,5 Prozent, und zwar sozial gestaffelt. Minimal wird um 82,40 Euro erhöht, maximal um 437,80, sagte Quin bei einer Pressekonferenz.

Die Gehaltssteigerung im öffentlichen Dienst soll im Jahr 2025 im Schnitt 3,5 Prozent betragen.
APA

Damit blieben die Verhandler unter der außer Streit gestellten Inflation von 3,8 Prozent. Dafür wurde auch bereits ein Abschluss für 2026 fixiert, wo auf die rollierende Inflation noch einmal 0,3 Prozent draufkommen sollen. “Die Kollegen bekommen dadurch langfristig eine Sicherung ihrer Kaufkraft”, sagte Quin.


Geheime Verhandlungen

Der Abschluss wurde in geheimen Verhandlungen erzielt, die laut dem Younion-Vorsitzenden Christian Meidlinger am Montag bis über Mitternacht hinaus gingen und in den Morgenstunden fortgesetzt wurden. Am Dienstag gelang einen Tag vor Beginn der Bundespersonalvertretungswahl in der Früh die Einigung.


Beamtenminister Werner Kogler (Grüne) gab sich in einer Aussendung erleichtert und betonte, dass der Abschluss vor dem Hintergrund schwieriger Rahmenbedingungen und Abwägungen erreicht worden sei. Allzu oft werde vergessen, dass der öffentliche Dienst in Konkurrenz mit der Privatwirtschaft stehe. Er müsse daher auch über Gehaltsabschlüsse weiterhin ein attraktiver Arbeitgeber bleiben. Mit dem Abschluss sorge die Regierung für soziale Fairness und Entlastung, betonte Finanzminister Gunter Mayr.


Die Rahmenbedingungen waren heuer angesichts trister Budgetlage und Rezession besonders schwierig. Dazu gab es einen Wechsel im Finanzministerium. Den Kampfesmut der Gewerkschaft hatte wohl zusätzlich die Bundes-Personalvertretungswahl erhöht, die Mittwoch und Donnerstag über die Bühne geht, wobei Quin den Vorwurf der Inszenierung wegen des Urnengangs am Dienstag scharf zurückwies.

Video: Öffentlich Bedienstete erreichen Gehaltsabschluss.
APA

ÖVP und SPÖ gehen wohl mit, Neos enttäuscht

Mit der Einigung auf den Gehaltsabschluss fiel auch die Großkundgebung in der Wiener Innenstadt ins Wasser, zu der bis zu 30.000 Menschen erwartet wurden. Viele öffentlich Bedienstete hätten seit der Früh darauf gewartet, ob es nun zu einer Demo kommt oder nicht. “Ein großer Dank geht an alle, die bereit gewesen wären, an den Kampfmaßnahmen teilzunehmen”, sagte Meidlinger. “Ohne diese Bereitschaft wäre ein Gehaltsabschluss nicht möglich gewesen”, meinte auch Quin.


Insgesamt gilt der Abschluss für 250.000 Bundesbedienstete. Damit der Beschluss auch in Kraft tritt, bedarf es noch einer Bestätigung durch den Nationalrat, die im Dezember folgen dürfte. Zwar haben die Koalitionsparteien ÖVP und Grüne keine Mehrheit mehr, doch ist angesichts der sozialdemokratischen Beteiligung auf Gewerkschaftsseite davon auszugehen, dass auch die SPÖ beim Beschluss mitgeht.


Die Neos sind über die Erhöhung hingegen “überrascht, irgendwie enttäuscht und ein wenig erbost”, sagte ihr Abgeordneter Josef Schellhorn. Er forderte am Dienstag ein “klärendes Gespräch” von ÖVP und SPÖ, mit denen die Neos derzeit über eine Dreierkoalition verhandeln. Bei der Gehaltseinigung seien die Neos “übergangen” worden, kritisierte Schellhorn.


Schon vergangene Woche fanden in der Verwaltung und in einigen Schulen Dienststellenversammlungen statt – einen Tag vor der ersten Verhandlungsrunde zwischen der GÖD und der Regierung. Der späte Termin bei Vizekanzler Kogler, der dem Beamtenministerium vorsteht, stieß der GÖD sauer auf. Chefverhandler Quin verteidigt deshalb die Versammlungen und die nun abgesagte Demo damit, dass es ein Vierteljahr bis zur ersten Gesprächsrunde gedauert habe.


Hunderttausende von Gehaltsabschluss betroffen

Eine genaue Gehaltsforderung hatte die GÖD, die gemeinsam mit der die Gemeindebediensteten vertretenden Younion auftritt, im Vorfeld nicht genannt. Als Grundlage für die Verhandlungen nahm man einen Wert von 3,8 Prozent für die Teuerung an; beim Wirtschaftswachstum ging man von einem Minus von 0,6 Prozent aus.


Betroffen von dem nun ausgehandelten Gehaltsabschluss sind unter anderem Lehrerinnen und Lehrer – aber auch das Gesundheitswesen, die Verwaltung und die Polizei fallen unter die öffentlich Bediensteten. Direkt betroffen sind etwa 250.000 Bundesbedienstete. Indirekt kommen dann noch 324.000 Bedienstete der Länder und Gemeinden hinzu – bei ihnen muss jedoch der Bundesabschluss nicht übernommen werden. Die Letztentscheidung trifft die jeweilige Gebietskörperschaft.


Im Vorfeld der Verhandlungen riet die Rechnungshof-Präsidentin Margit Kraker zu einer Nulllohnrunde – die Forderung wurde von der Gewerkschaft scharf kritisiert. “Eine Nulllohnrunde haben sich die Beschäftigten wahrlich nicht verdient. Da geht es auch um Tausende in der Daseinsvorsorge. Ohne die Kollegen gäbe es etwa keinen Strom, kein Trinkwasser”, erklärte Quin. (ste, APA, 26.11.2024)


>read more at © Der Standard

Views: 0