Situation in Syrien erhitzt im Nationalrat die Gemüter
Parlament
Die ÖVP lobt das Vorgehen des Innenministers, syrische Asylverfahren zu stoppen. Kritik daran kommt von FPÖ und SPÖ
Wien – Der Start der Nationalratssitzung am Mittwoch verlief noch recht harmonisch: Nationalratspräsident Walter Rosenkranz (FPÖ) eröffnete die Sitzung und gratulierte Justizministerin Alma Zadić (Grüne) zur Geburt ihres zweiten Kindes. Applaus kam von allen Fraktionen. Danach verloren die Freiheitlichen kein gutes Wort mehr über die türkis-grüne Bundesregierung.
Grund war eine Aktuelle Stunde der ÖVP zum Thema “Asylbremse: Maßnahmen die wirken”, in der wenig überraschend über Rückführungen nach Syrien debattiert wurde. Viel Lob sprach ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) aus, dessen Ministerium die laufenden Asylverfahren von syrischen Staatsangehörigen am Montag gestoppt hat. “Österreich war eines der ersten Länder, die Maßnahmen ergriffen haben. Hier sind wir federführend”, sagte Stocker.
Karner rechtfertige nochmals das Vorgehen seines Ministeriums: Zunächst stehe die freiwillige Rückkehr nach Syrien im Mittelpunkt. Personen, die nicht bereit seien, sich zu integrieren oder arbeiten zu gehen, seien bei den aktuellen Überprüfungen ebenfalls Thema. “Das läuft geordnet und stufenweise”, sagte Karner.
Wenig überraschend kam scharfe Kritik von der FPÖ. “Als ich den Titel der Aktuellen Stunde gelesen habe, dachte ich, es handelt sich um einen Scherz”, sagte deren Sicherheitssprecher Hannes Amesbauer. Der Steirer blickt kritisch auf 21.000 Asylanträge, die von Jänner bis Oktober 2024 in Österreich eingegangen seien. Im gleichen Zeitraum im Jahr 2018, als Herbert Kickl Innenminister war, habe es nur halb so viele Anträge gegeben. Zudem sei die Zulassung der syrischen Demonstration am Sonntag in Wien nicht verhältnismäßig gewesen, da noch vor wenigen Wochen eine “regierungskritische Demo” mit dem Argument, die Einkaufsstraßen nicht zu behindern, untersagt wurde.
“Keine voreiligen Maßnahmen”
Man sollte vorsichtig mit voreiligen Maßnahmen sein, meinte hingegen der stellvertretende SPÖ-Klubobmann Philipp Kucher. “Niemand von uns weiß, ob die Entwicklungen in Syrien in Richtung Frieden oder in Richtung eines islamistischen Terrorregimes gehen”, sagte Kucher. Zudem kritisierte der er das Treffen von FPÖ-Chef Kickl mit Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán, da Ungarn im Gegensatz zu Österreich kaum Flüchtlinge aufnehme.
Der Kritik schloss sich Yannik Shetty von den Neos an: “Sie spielen in der Champions League, wenn es darum geht, Probleme zu benennen. Geht es um Lösungen, spielen Sie nur in der Regionalliga”, meinte Shetty in Richtung Kickl. Inakzeptabel ist laut Shetty auch der vor Jahren abgeschlossene Freundschaftsvertrag zwischen der FPÖ und der Partei des russischen Präsidenten Wladimir Putin, denn dieser habe das Assad-Regime mit Waffen und Propaganda unterstützt. Der Neos-Politiker teilte aber auch gegen die Grünen aus: “Was bei den Blauen an Problembewusstsein zu viel ist, ist bei Ihnen zu wenig”, sagte Shetty in Richtung der grünen Fraktion.
Entwicklungen abwarten
Die Grünen können sich mit den Maßnahmen des Innenministers nicht anfreunden: “Die erste Reaktion auf den Sturz des Assad-Regimes war: Super, jetzt können wir abschieben. Unsere erste Reaktion hätte aber eigentlich sein müssen: Wir sollten uns dort um eine Lage bemühen, die für Sicherheit und Demokratie sorgt”, erklärte die grüne Abgeordnete Agnes Sirkka Prammer. Die Diktatur in Syrien sei von islamistischen Terroristen gestürzt worden, “das sind nicht die Kräfte, die für Sicherheit sorgen werden”, fügte Prammer hinzu und betonte, dass man die weiteren Entwicklungen abwarten müsse.
Deftig endete dann die Aktuelle Stunde noch mit einer Wortmeldung der FPÖ. Gernot Darmann führte aus, dass er in letzter Zeit mit einigen Bürgerinnen und Bürgern über die Asylpolitik von ÖVP, SPÖ und Neos gesprochen habe. “Würde ich die Begriffe verwenden, die diese Menschen über Ihre Asylpolitik verloren habe, würde meine Rede nur noch aus Ordnungsrufen bestehen”, sagte Darmann.
Auf der Tagesordnung standen am Mittwoch unter anderem noch die Auslieferung von FPÖ-Chef Kickl an die Staatsanwaltschaft, eine Gesetzesnovelle zur Handysicherstellung und die Nulllrohnrunde für Bundespolitikerinnen und Bundespolitiker. (Max Stepan, 11.12.2024)
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