Regierungsverhandler sind von Einigung noch weit entfernt, SPÖ drängt auf Vermögenssteuern

Dreierbündnis

Die Spitzen von ÖVP, SPÖ und Neos trafen einander Dienstagmittag. Zur Untermauerung ihrer Positionen haben die Sozialdemokraten eine repräsentative Studie in Auftrag gegeben

SPÖ-Chef Andreas Babler blieb zuletzt dabei: Es brauche vermögensbezogene Steuern und eine “einnahmenseitige Konsolidierung” des Budgets.
APA/GEORG HOCHMUTH

Wien – Dienstagmittag sind die Spitzenverhandler von ÖVP, SPÖ und Neos im Wiener Palais Epstein aufeinandergetroffen – auch Karl Nehammer, Andreas Babler und Beate Meinl-Reisinger waren dabei. In dieser Woche geht es ans Eingemachte. Die finalen Budgetzahlen liegen vor. Verschiedene “Pfade”, wie gespart werden kann, wurden definiert. Was aussteht, ist die Einigung, woher das Geld kommen soll, das der Staat in den kommenden Jahren braucht.


Und die Zugänge von Sozialdemokraten, Konservativen und Liberalen sind – auch nach mehreren Wochen gemeinsamer Verhandlungen – so gut wie nicht miteinander vereinbar. Die SPÖ fordert seit Wochen regelmäßig, dass “breitere Schultern mehr beitragen”, sprich: vermögensbezogene Steuern. ÖVP und Neos halten dagegen. Als denkbarer Kompromiss wird immer wieder eine Erhöhung der bereits existierenden Grundsteuer genannt. Das allein, hört man aus der SPÖ, werde das Budget aber nicht retten.


“Keine Regierung unterm Christbaum”

Nach dem Treffen der “Steuerungsgruppe” waren die Koalitionäre in spe von einer Einigung noch weit entfernt. Der Kanzler sprach von intensiven Wochen. Es sei ein durchaus emotionaler, aber “guter und konstruktiver” Prozess gewesen. Dieser sei allerdings notwendig, immerhin gehe es um einen Gesamthaushalt von 250 Milliarden Euro und eben darum, wie das klaffende Budgetloch gestopft werden soll. Nun gehe der Verhandlungsprozess in die “nächste entscheidende Phase”.

Video: “Keine Regierung unterm Christbaum” – laut Beate Meinl-Reisinger (Neos) gehen die Koalitionsverhandlungen über den Jahreswechsel intensiv weiter
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Babler schloss da nahtlos an. Es sei “spürbar”, dass Herausforderungen “noch offen sind, die wir in den nächsten Tagen zu klären haben”. Die budgetären Herausforderungen seien “nicht einfach”, blieb der SPÖ-Chef vage. Es bedürfe sowohl auf der Einnahmen- als auch auf der Ausgabenseite “großer Anstrengungen”.


Meinl-Reisinger sprach letztlich das aus, was sich abzeichnet: “Es gibt keine Regierung unterm Christbaum.” Aber es sei klar, dass man diese Woche weiterkommen müsse, weil “die Ungeduld” in der Bevölkerung wachse, auch weil die Aufgaben für eine neue Regierung nicht geringer würden. Ein “Update” gebe es “hoffentlich in Bälde”.


Breite Mehrheit für “breite Schultern”

Die Sozialdemokraten hatten zur Untermauerung ihrer Positionen in Steuerfragen im Vorfeld eine Studie erstellen lassen, mit der Babler in die Verhandlungen ging. Es handelt sich um eine repräsentative Erhebung des Instituts für empirische Sozialforschung (Ifes). Darin sagen 84 Prozent, dass die nächste Regierung dafür sorgen müsse, dass “breite Schultern mehr beitragen und nicht bei denen gespart wird, die schon sehr unter der Teuerung gelitten haben”.


Auch andere Ergebnisse fallen ganz nach dem Geschmack der SPÖ aus. Eine weitere Fragestellung lautete, wie die “Schulden behoben werden” sollen. Die Befragten konnten bis zu drei Antwortmöglichkeiten auswählen. Fast die Hälfte spricht sich hier für die Einführung einer Millionärssteuer aus, immerhin mehr als ein Drittel für einer Wiederanhebung der Gewinnsteuer sowie für eine “Sondersteuer” für Konzerne, die “hohe Gewinne gemacht” haben. Ähnlich viele Befragte fordern “weniger Geld für Arbeitslose”. 25 Prozent wollen hingegen “weniger Ausgaben für Klimaschutz”, 16 Prozent “weniger Geld für das Sozialsystem”.


Befragt wurden insgesamt 1000 Personen in Telefoninterviews sowie online – in einem Zeitraum von acht Tagen Anfang Dezember. Auftraggeber war die SPÖ-Bundespartei.


Was sagen andere Studien?

Aber kann man einer Umfrage, die von einer Partei in Auftrag gegeben wurde, vertrauen? Oder, anders: Werden die Ergebnisse von früheren Erhebungen gedeckt?


Es hat sich jedenfalls auch schon in davor durchgeführten Umfragen eine klare Mehrheit für Vermögenssteuern ab einer Million Euro ausgesprochen. So waren etwa 61 Prozent bei einer Studie des OGM-Instituts im Auftrag der Tageszeitung Kurier dafür. Befragt wurden auch damals etwas mehr als 1000 Wahlberechtigte. Veröffentlicht wurde die Erhebung im Juli.


Interessant waren dabei auch die Zustimmungswerte unter den Parteien: Unter Wählerinnen und Wählern der SPÖ war die Zustimmung naturgemäß am höchsten (96 Prozent), aber auch im Lager der Neos (54 Prozent) und der ÖVP (45 Prozent) wurde eine Vermögenssteuer bei der OGM-Umfrage nicht abgelehnt.


Auch SPÖ-Anhänger für Sparen bei Ausgaben

Anhängern der Volkspartei (75 Prozent) und der Liberalen (77 Prozent) ist es aber noch wichtiger, dass eine neue Regierung bei den Ausgaben spart. Das zeigt eine Market-Umfrage im Auftrag des STANDARD mit 815 Befragten. Steuern zu erhöhen ist im Vergleich dazu eher ein Anliegen von Wählerinnen und Wählern der SPÖ, das zeigt auch diese Erhebung. Aus der Market-Umfrage geht aber auch ganz klar hervor: Wird unspezifisch danach gefragt, ob “Steuern erhöht” oder “bei Ausgaben gespart” werden soll, wollen auch SPÖ-Wähler deutlich lieber bei den Ausgaben sparen.


Das ist grundsätzlich wenig verwunderlich: Schließlich könnten undefinierte Steuererhöhungen theoretisch jeden treffen, während eine “Millionärssteuer” eine Zielgruppe hat. Das Beispiel zeigt aber auch: Es kommt immer auf die Fragestellung an. (Jan Michael Marchart, Katharina Mittelstaedt, 17.12.2024)


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