Kickl beim FPÖ-Neujahrstreffen: “Keine Russland-Nähe, sondern Neutralitäts-Nähe”

Vösendorf

Der blaue Parteichef forderte in seiner Rede im Eventhotel “Pyramide” eine Null-Quote für Asylanträge und sprach auch von Abschiebeflügen. In der Ukraine-Politik stehe die FPÖ für ein “Ende des sinnlosen Blutvergießens”

Wien/Vösendorf – Mitten in den Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP haben die Freiheitlichen am Samstag beim Neujahrstreffen Machtwillen demonstriert. Mehr als 3000 Personen, darunter Funktionäre, aber auch Anhänger aus den Bundesländern, haben sich dazu im niederösterreichischen Vösendorf zusammengefunden, Höhepunkt ist der Auftritt von Parteichef Herbert Kickl. Es gilt, sich von der ÖVP abzugrenzen. Kickl sagte im Zuge der Rede, er sei zur Amtseinführungszeremonie des designierten US-Präsidenten Donald Trump eingeladen gewesen. Er habe jedoch abgesagt, da er im Land gebraucht werde, betonte der FPÖ-Chef. “Österreich zuerst, das gilt für mich auch in diesem Fall”, sagte er im Vorfeld. An seiner Stelle soll die Nationalratsabgeordnete Susanne Fürst nach Washington reisen.

Kickl schlug bei seiner Rede in Vösendorf in dieselbe Kerbe, wie auch beim Wahlkampf und betonte, er wolle eine Null-Quote für Asylanträge, pries Abschiebeflüge und sprach in Sachen Migration von einer “Schicksalsfrage für Europa”. “Was es bei mir nicht gibt, ist eine Duldung einer Völkerwanderung unter falschem Etikett”, meinte der einstige Innenminister unter Türkis-Blau. In einer Regierung wolle die FPÖ eine “Rückführung auf diesen heiligen Kern des Asyls”. Die Zahlen seien “genau so hoch, wie unser Defizit zu hoch ist und deshalb brauchen wir auch hier den Nuller stehen”.


“Entmachtung der Mitgliedsstaaten”

Bezüglich der von Expertinnen und Experten sowie anderen Parteien oft betonten Russland-Nähe der FPÖ erwiderte Kickl: “Es gibt keine Russland-Nähe, sondern eine Neutralitäts-Nähe.” Man stehe ein für ein “Ende des sinnlosen Blutvergießens” ein. Frieden und Wohlstand würden dadurch entstehen, wenn wirtschaftliche Verflechtungen zwischen Ländern bestünden, sagte er in Bezug auf historische Beziehungen Österreichs zu Russland. Bezüglich der Ukraine-Politik Brüssels erklärte er, es solle eine gute, friedliche und demokratische Entwicklung in der EU geben – Demokratie bedeute nicht immer Konsens. Er wolle von Brüssel eine Rückbesinnung auf alte Werte anstatt Bürokratie und eine “schrittweise Entmachtung der Mitgliedsstaaten”.


Er zeigte sich überzeugt, dass die FPÖ auch bei den anstehenden Wahlen weiter punkten wird. Angriffe auf die aktuelle ÖVP-Spitze sparte er hingegen aus, forderte aber erneut “Ehrlichkeit” ein. Zwar will Kickl laut eigener Aussage “nichts verschreien”, wenn es um die angestrebte Bildung einer Koalition mit der ÖVP geht. Allerdings wehrte er sich in seiner rund einstündigen Rede auch gegen “Unkenrufe”, die es immer wieder gegeben habe. “Natürlich werden wir ein Rendezvous mit der Wirklichkeit haben, es geht auch nicht anders”, meinte er dazu. “Umgekehrt wird die Wirklichkeit ein Rendezvous mit uns Freiheitlichen haben.” Spitzen in Richtung ÖVP gab es keine, allerdings in Richtung des Ex-ÖVP-Parteichefs Karl Nehammer und dessen gescheiterten Versuch, eine Regierung mit SPÖ und NEOS zu bilden. “Nicht am Neujahrstag, ein paar Tage später hat’s geknallt”, so Kickl. “Diese Geräuschkulisse, das war für mich so etwas Ähnliches wie das freiheitliche Neujahrskonzert.”

FPÖ-Chef Herbert Kickl beim Neujahrstreffen in Vösendorf.
FPÖ-Chef Herbert Kickl beim Neujahrstreffen in Vösendorf.
Foto: APA/TOBIAS STEINMAURER

“Weg von den Sozialisten”

Das “Kapitel” der Corona-Zeit müsse jetzt neu aufgearbeitet werden. “Corona (…) ist zusammengefasst so etwas wie eine Verwundung der österreichischen Seele”, so Kickl. Nun müsse man heilen. Der FPÖ-Chef betonte, dass es zu so einer “Verwundung” nicht mehr kommen würde. Auch in den USA sollen durch Trumps Präsidentschaft neue Erkenntnisse aus der Pandemiezeit zu Tage kommen. Das Budget-Loch in Österreich sei ein Scherbenhaufen, der Entlastungen für die Bevölkerung auffresse. “Die Österreicher sind belogen worden”, sagte er bezüglich des Staatshaushalts. Immer wieder verwendet Kickl das Wort “Klimakommunismus”, der seiner Meinung nach Schuld sei am Defizit und an der Verteuerung der Energiepreise. Er wolle mit der “Schuldenlawine” aufräumen und betonte die Abwendung des EU-Defizitverfahrens.


Besonders scharf kritisierte er die SPÖ und sagte, die “Sozialisten” seien schuld an der derzeitigen Lage. Die Vorverlegung der Wien-Wahl auf den 27. April sei darauf ausgerichtet, den Menschen Angst einzujagen. Das Budget der Hauptstadt sei durch vermeintliche “Luxus”-Auszahlungen an Asylwerber im Missstand – “Weg von den Sozialisten, hin zur Realität”, rief Kickl. Auch die Haushaltsabgaben an den ORF gehörten abgeschafft. Eine Erhöhung des Pensionsantrittsalters schloss er aus, stattdessen brauche es mehr Anreize, um länger im Berufsleben zu bleiben.

FPÖ-Neujahrstreffen.
Mehrere Stunden vor Kickls Auftritt war das Eventhotel “Pyramide” in Vösendorf voll.
Foto: APA/TOBIAS STEINMAURER

Kunasek und Landbauer als Vorredner

Eine Machtdemonstration im zum Bersten vollen Eventhotel “Pyramide” war auch die Liste der Vorredner Kickls, die zum Teil schon erfolgreiche Blaue aus den Ländern aufbot, die dort bereits Regierungsverantwortung haben: Etwa Udo Landbauer, der in Niederösterreich auch vor einer Gemeinderatswahl steht. “Wenn jemand die Kraft hat, dieses Trümmerfeld aufzuräumen, dann ist es die Freiheitliche Partei mit Herbert Kickl an der Spitze”, meinte er im Hinblick auf eine blaue Bundesregierung.


Der blaue Landeshauptmann der Steiermark, Mario Kunasek – im März gibt es Gemeinderatswahlen – betonte die nun “freiheitliche Handschrift” im Land. Als Duo traten der burgenländische Spitzenkandidat für die Landtagswahl am Sonntag, Norbert Hofer, und Dominik Nepp, dem ein vorgezogener Urnengang in Wien bevorsteht, auf. Hofer will den “Sozialismus” in seinem Land beenden. Eine Kampfansage gegen einen roten Regierungschef kam auch von Nepp, der Bürgermeister Michael Ludwig dessen “Liste des Versagens” präsentieren will.

Rekordwerte von bis zu 39 Prozent

Für die FPÖ findet ihr Neujahrstreffen am Samstag zu einem denkbar guten Zeitpunkt statt. In den zuletzt veröffentlichten Wahlumfragen erreichen die Blauen Rekordwerte von 35 bis 39 Prozent. Im APA-Wahltrend, der die Umfragen der jeweils letzten fünf Wochen berücksichtigt, liegen die Freiheitlichen bei 37,8 Prozent. ÖVP und SPÖ haben mit ihren gescheiterten Regierungsverhandlungen dagegen weiter an Boden verloren.


Die ÖVP kommt in den nur seit Mitte Dezember durchgeführten Umfragen nur noch auf 17 bis 22 Prozent. Im Wahltrend, der die jüngeren Umfragen stärker gewichtet, ergibt das aktuell 18,5 Prozent. Damit liegt die bisherige Kanzlerpartei sogar leicht hinter der SPÖ (19,1 Prozent), die seit der Nationalratswahl zwar auch an Boden verliert, aber weniger rasch als die ÖVP. Die Sozialdemokraten erreichen 19 bis 20 Prozent. Die Grünen liegen mit 8,9 Prozent weiterhin in etwa bei ihrem Wahlergebnis, die Neos mit elf Prozent etwas darüber. (wisa, APA, 18.1.2025)


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