FPÖ-Akademikerball sorgte Freitagabend wieder für Verkehrssperren und Proteste in Wien
Hofburg
Mehrere Demonstrationen fanden statt, die Polizei war mit hunderten Beamten im Einsatz. In der Hofburg trafen sich prominente FPÖler und Identitären-Mitgründer Sellner

Wien – Unter dem Motto “Feuer und Flamme dem Patriarchat: Kampf dem Sexismus in Hofburg und Staat” haben sich am Freitagnachmittag hunderte Gegnerinnen und Gegner des FPÖ-Akademikerballs bei der Wiener Hauptuni versammelt. Von dort starteten die Demonstrierenden ihren Protestmarsch über den Ring zum Stephansplatz. Die Polizei war mit mehreren hundert Beamtinnen im Einsatz.
“Die Demonstration hat heuer natürlich einen Fokus auf den Kampf gegen Sexismus”, sagte Mitorganisator Axel Magnus von der “Offensive gegen Rechts” am Freitag der APA. Man nehme den Ball am Vortag des Internationalen Frauentags am 8. März zum Anlass, um auf “das rückständige Frauen- und Geschlechterbild der völkischen Burschenschaften hinzuweisen”, wie es bereits in einer Aussendung hieß. “In den gescheiterten Regierungsverhandlungen der FPÖ wurde offensichtlich, dass sie Frauen ‘Zurück an den Herd’ verbannen wollen.” Darüber hinaus solle – wie jedes Jahr – ein Zeichen gegen den von Kritikern als internationales Vernetzungstreffen Rechtsextremer bezeichneten Ball gesetzt werden. “Einen solchen Ball wollen wir in den Prunkräumen der Hofburg nicht haben”, erklärte Magnus.

Weiters demonstrierte ab 19.00 Uhr auch das “Antifaschistische Bündnis Ballhausplatz” – ein Zusammenschluss der Jüdischen österreichischen HochschülerInnen (JöH), der “Omas gegen Rechts”, der Grünen Jugend und weiterer Gruppen – in der Wiener City auf dem Michaelerplatz.

Verkehrssperren, Heldenplatz-Verbot, Festnahmen
Aufgrund der Proteste wurde auf dem Heldenplatz wieder ein Platzverbot verhängt. Die Ringstraße wurde für den Verkehr abschnittsweise gesperrt. Die Polizei empfahl, den innerstädtischen Bereich großräumig zu umfahren. Schon am Nachmittag war die Polizeipräsenz in der Wiener Innenstadt hoch. Später am Abend verkleinerte die Polizei das Platzverbot und hob die Sperren am Ring wieder auf.
Der Zutritt zur Hofburg selbst wurde laut Polizei “von der Bereitschaft abhängig gemacht, Kleidung und mitgeführte Behältnisse durchsuchen zu lassen”, hieß es in einer Pressemitteilung. Am Abend kam es Augenzeugenberichten zufolge zu Festnahmen von Demonstranten auf dem Stephansplatz.
Kritik von Grünen und weiteren Organisationen
Niki Kunrath, Menschenrechtssprecher der Wiener Grünen, sprach am Freitag in Bezug auf den Veranstaltungsort in der Hofburg von einem “fatalen Zeichen”, das hier ausgesendet werde. “Für die Menschenrechtsstadt Wien ist es beschämend, dass der sogenannte ‘Akademikerball’ der Wiener FPÖ nach wie vor im Herzen Wiens stattfindet”, sagte Kunrath in einer Aussendung.

Auch die Jüdische Hochschülerschaft (JöH) forderte am Freitag erneut die Absage des Balls seitens der Hofburg-Betreiber. Es sei “schockierend, dass deutschnationale Burschenschaften in den prestigeträchtigsten Räumen der Republik tanzen”, sagte JöH-Präsident Alon Ishay.
Protestaktion der Jüdischen Hochschüler von Polizei unterbunden
Die JöH hatte aus Protest eine dreitägige Videoinstallation auf dem Michaelerplatz aufgebaut. Während die ersten zwei Tage ohne Zwischenfälle verliefen, intervenierte die Polizei am Vorabend des Balls. Laut jüdischer Hochschülerschaft begründete die Polizei dies mit einer “Anordnung einer Juristin der Versammlungsbehörde” nach einer “Anzeige wegen Verhetzung”. Demnach solle die bei dem Protest genutzte Bezeichnung des Balls als “Naziball” diesen Tatbestand erfüllen. Die jüdische Hochschülerschaft verurteilte das Vorgehen der Exekutive.
Laut JöH soll Ballorganisator Udo Guggenbichler (FPÖ) die Projektion im Rahmen einer Kundgebung zuvor beobachtet haben. Eine diesbezügliche Anfrage des STANDARDs an Guggenbichler blieb bisher unbeantwortet.

Auch Identitären-Mitgründer Sellner vor Ort
In der Vergangenheit wurde die Veranstaltung immer wieder von zum Teil heftigen Protesten begleitet. Insbesondere im Jahr 2014 kam es zu zahlreichen Sachbeschädigungen und zu einer erheblichen Anzahl an verletzten Demonstranten und Polizisten. In den Jahren danach beruhigte sich die Situation aber deutlich.
Der Unmut richtete sich stets vorwiegend gegen deutschnationale Burschenschafter, die bereits seit 1952 die Veranstaltung ausrichteten und prägten. Bis 2012 wurde die Veranstaltung vom Wiener Korporationsring (WKR) organisiert. Nach Differenzen mit der Wiener Hofburg übernahm die FPÖ Wien die Organisation, die ihn dann in Akademikerball umtaufte. Für Aufsehen sorgte in den vergangenen Jahren immer wieder die Gästeliste. So war wiederholt auch der Mitgründer der als rechtsextrem eingestuften Identitären Bewegung, Martin Sellner, in der Wiener Hofburg zugegen. Auch am Freitagabend besuchte Sellner den Ball.

Prominente FPÖ-Gäste
FPÖ-Chef Herbert Kickl nahm wie üblich nicht teil. Ballorganisator Udo Guggenbichler begrüßte um kurz vor 22 Uhr die Ballgäste, unter anderem Nationalratspräsident Walter Rosenkranz, die Volksanwältin Elisabeth Schwetz, Tirols Landesparteiobmann Markus Abwerzger, Ex-ÖVP-Politikerin Ursula Stenzel, Wiens Landesparteichef Dominik Nepp und mehrere internationale Gäste, darunter den ungarischen Botschafter und EU-Abgeordnete. Guggenbichler sprach von einem “Ball der Superlative”. Etwa weil es noch nie so viele Eröffnungspaare gab wie diesmal, insgesamt 60. Schließlich wünschte Guggenbichler allen “einen tollen Ball, genießen Sie es”.

Rosenkranz dankt Antifa
Nach Guggenbichler ergriff Nationalratspräsident Walter Rosenkranz in aller Kürze das Wort. In Anspielung auf die Proteste auf der Straße gegen den Ball dankte er der “unserer besten PR-Abteilung”, nämlich der “Antifa”. Und er blickte bereits in Richtung Mitternachtseinlage, auf die er sich besonders freue.
Die offizielle Eröffnungsrede hielt in diesem Jahr der Mediziner Jürgen Kammler. Auch er beklagte, dass es “leider Tradition” sei, dass “politische Gegner versuchen, den Ball zu verhindern”. Doch “dank tatkräftiger Polizei können wir hier stehen und demokratische Grundrechte in vollem Umfang genießen”. Kammler rief dazu auf, das Parkett zum Tanzen zu nutzen. Durch den Tanz könne man nämlich “Freude ausdrücken”, und “wenn wir tanzen, lassen wir unsere Sorgen hinter uns”. Und Krammler meinte: “Wer nicht tanzt, hat das Leben nicht verstanden.” Zum Abschluss appellierte er noch: “Lassen wir uns von denen da draußen nicht entmutigen. Auf ins Vergnügen!” (APA, toni, 7.3.2025)

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