Bitte pssst: Wie die Wiener ÖVP mit Angstmache auf Stimmenfang geht

WIEN-WAHLKAMPF

Die ÖVP-Wien stilisiert Wien zum gefährlichen Moloch hoch und ihr Landesgeschäftsführer tritt auf X prompt ins semantische Fettnäpfchen

Der Chef der Wiener ÖVP Karl Mahrer im Sommer 2023 beim Inspizieren der von ernannten No-Go-Area Reumannplatz
© Christian Fischer

Wien – Der Wiener Wahlkampf hat Fahrt aufgenommen. Besonders die ÖVP kämpft vehement gegen den prognostizierten Absturz auf zehn Prozent. Dafür scheinen alle Mittel recht. Die Wiener Schwarzen tun sich aktuell mit einer Kampagne hervor, die inhaltlich an die “Wien nicht Chicago werden”-Plakate erinnert, die die FPÖ bei den Wiener Gemeinderatswahlen 1991 und 1996 affichierte. Die Partei fährt in der Hauptstadt unter ihrem Chef Karl Mahrer einen angriffigen Law-and-Order-Kurs und setzt sich vor allem den Themen Sicherheit und Migration, was auch ihre “Bitte pssst”-Kampagne illustriert, der STANDARD berichtete bereits. Ihr Tenor: Wien ist ein von gewalttätigen Ausländern überrannter, korrupter Moloch. Jedoch wagt es abseits der ÖVP niemand die Probleme beim Namen zu nennen – daher auch das “Bitte pssst”.


Sperrbezirk Döbling?

Passend dazu berichtete die konservative Presse am Freitag, dass neuerdings auch die “Nobelbezirke” Währing und Döbling vermehrt von kriminell agierenden Jugendgruppierungen heimgesucht würden, und ließ den Döblinger Bezirksvorsteher, Daniel Resch (ÖVP) breit zu Wort kommen. Die Recherche offenbart jedoch letztlich das von Resch insinuierte Döblinger “Bandenproblem” als eine Handvoll migrantischer Minderjähriger, die gelegentlich in einem Park herumhängen und mitunter Leute anpöbeln. Zu strafrechtlich relevanten Handlungen ist es nicht gekommen.

Anders im grünregierten Nachbarbezirk Währing. Dort kommt es seit mehreren Jahren im Währingerpark immer wieder durch eine Gruppe von Jugendlichen zu Diebstählen. Die dortige Bezirksvorsteherin Silvia Nossek setzt auf einer Kooperation aus Sozialarbeit und Polizei und versucht, die Eltern der Jugendlichen in die Verantwortung zu nehmen, von einer Jugendbande will sie in dem Zusammenhang nicht sprechen. Denn nicht jede Straftat von Jugendlichen, die den öffentlichen Raum als Wohnzimmer nutzen, ist mit Bandenkriminalität gleichzusetzen. Diese definiert nämlich ein, von Gewinn- oder Machtstreben bestimmtes planmäßiges Begehen von Straftaten. Jedoch unterstützt Reschs Erzählung das Narrativ von den, die Stadt unsichermachenden Jugendbanden, das nicht nur der Boulevard, die FPÖ und nun eben auch die ÖVP für den Wählerstimmenfang bedienen.


Voll danebengehaut

Weitere Unterstützung kam dabei am Freitag auch von Peter Sverak, dem Landesgeschäftsführer der ÖVP, der auf dem Kurznachrichtendienst X den Wahlkampf-Videoclip “Bitte pssst” postete. Den 30-Sekünder versah er mit der Überschrift “Wann hört die @oevpwien endlich auf mit diesen “Bitte pssst”? und trat damit voll ins semantische Fettnäpfchen. Gemeint war wohl vielmehr, wann die ÖVP dieses “Bitte pssst” beenden würde.

ZiB 2-Moderator Martin Thür bemerkte dazu spitz auf X: “Der Landesgeschäftsführer der ÖVP Wien sponsort einen tweet in dem er fragt, wann die ÖVP Wien mit ihrer Wahlkampagne aufhört.” (Bock, 15.3.2025)


>read more at © Der Standard

Views: 0