Entscheidung über deutsches Finanzpaket

Der Ausgang des Votums hängt von möglichen Abweichlern in den eigenen Reihen ab. Merz, der als Anwärter auf das Kanzleramt derzeit mit der SPD über eine Koalition verhandelt, zeigte sich dennoch zuversichtlich, dass das Vorhaben im Bundestagsplenum grünes Licht erhalten wird. Grund der Zweidrittelhürde sind die mit dem Gesetzespaket einhergehenden notwendigen Änderungen des deutschen Grundgesetzes. Eine Empfehlung zur Umsetzung kam am Wochenende vom parlamentarischen Haushaltsausschuss.

Mit den Stimmen von Union, SPD und Grünen wurde dort am Wochenende nach den Worten von Ausschussmitglied Sven-Christian Kindler (Grüne) der „Weg für Zukunftsinvestitionen frei gemacht“. Ob die Milliarden wirklich fließen können, hängt aber nicht vom Bundestag allein ab: Am Freitag wartet im Bundesrat die nächste Hürde, auch dort geht es um eine Zweidrittelmehrheit.

Eilanträge abgelehnt

Diese erscheint bereits am Dienstag im Bundestag nicht als ausgemachte Sache. Neben Berichten über mögliche Gegenstimmen in den eigenen Reihen hatten mehrere Abgeordnete auch auf Eilanträge beim Verfassungsgerichtshof in Karlsruhe gesetzt, um damit den Beschluss des Finanzpakets zu verhindern bzw. zu verschieben. Diesen Eilanträgen erteilte das Gericht am Montagabend allerdings eine Abfuhr. Begründet wurde die Entscheidung mit einer Folgenabwägung, dass also die Gründe für eine solche einstweilige Anordnung nicht überwiegen würden.

Die Kernpunkte

Union und SPD wollen mit dem Gesetzespaket die Schuldenbremse für das Verteidigungsbudget lockern. Ausgaben für Verteidigung, Zivilschutz, Nachrichtendienste und Cybersicherheit sollen nur noch bis zu einer Grenze von einem Prozent des Bruttoinlandsprodukts – gemessen am BIP 2024 etwa 43 Milliarden Euro – unter die Schuldenbremse fallen. Alles darüber hinaus kann aus Krediten bezahlt werden.

Die deutschen Bundesländer sollen mehr Spielraum für die eigene Verschuldung bekommen. Zudem soll im Grundgesetz ein Sondervermögen für Investitionen in Infrastruktur und Klimaneutralität verankert werden, das von der Schuldenbremse ausgenommen und mit 500 Milliarden Euro aus Krediten gefüttert werden soll.

Zustimmung aus Bayern

Für die am Freitag anstehende Abstimmung in der deutschen Länderkammer hatten sich die Blicke zuletzt auf Bayern gerichtet. Am Montagnachmittag hätten sich CSU und Freie Wähler in einer Sitzung des Koalitionsausschusses aber auf eine Zustimmung verständigt, wie Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU) mitteilte. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hatte bereits vor der klärenden Sitzung versucht, die Wogen zu glätten und Sonntagabend versichert: „Gehen Sie mal davon aus, dass Bayern am Ende zustimmen wird.“

Bayerns Vizeministerpräsident und Chef der Freien Wähler, Hubert Aiwanger, sprach am Montag im Zusammenhang mit dem Finanzpakt zwar weiter von „völligem Wahnsinn“. Eine Blockade vonseiten der Freien Wähler sei aber vom Tisch, da es nichts bringe, „wenn wir uns weiter dagegenstellen“.

Keine Zweidrittelmehrheit im neuen Parlament

Der bei der vorgezogenen Neuwahl am 23. Februar gewählte deutsche Bundestag konstituiert sich am 25. März. Dort verfügen Union, SPD und Grüne nicht mehr über eine Zweidrittelmehrheit.

Zuvor muss das Finanzpaket am Dienstag durch den Bundestag, wo Union, SPD und Grüne noch über die notwendige Zweidrittelmehrheit verfügen. Merz rechnete dennoch mit einem knappen Ergebnis und räumte mit Blick auf mögliche Abweichler bis zuletzt ein, dass es auch in den Bundestagsfraktionen von CDU/CSU, SPD und Grünen weiterhin Überzeugungsarbeit zu leisten gebe.

Merz rechtfertigt Kehrtwende bei Schulden

In den eigenen Reihen sorgte vor allem Merz’ Kehrtwende in Sachen Neuverschuldung für Unruhe. Der CDU-Chef begründete diese laut ARD mit einer veränderten globalen Situation, wobei sich „die Lage in den letzten Wochen noch einmal dramatisch zugespitzt“ habe. Schließlich sei er „erst jetzt darüber im Bilde, wie schlecht es um die Finanzen des Bundes steht“.

SPD-Generalsekretär Matthias Miersch rechnete indes nicht mit vielen Abweichlern in seiner Fraktion: „Für die SPD kann ich sagen, dass nach dem heutigen Stand wahrscheinlich alle Abgeordneten anwesend sein werden und wir auch damit rechnen, dass es eine hohe Zustimmungsquote gibt.“ Er rechne aber auch insgesamt mit einer Zustimmung mit der nötigen Zweidrittelmehrheit, so Miersch. Wie hoch die Zahl der Abweichler sein werde, könne er aber nicht sagen. „Das muss man jetzt sehen, wie das bei den anderen Fraktionen aussieht.“

Einsparungen als nächste große Hürde

Was die laufenden Koalitionsverhandlungen betrifft, ist auch nach einer parlamentarischen Zustimmung zum Milliardenpaket noch nicht alles geklärt. Geht es nach Merz, steht mit Verhandlungen über Einsparungen im Budget die wahre „Bewährungsprobe der Zusammenarbeit zwischen Union und SPD“ noch aus.

Bei der Regierungssuche tagen derzeit 16 Arbeitsgruppen, die einen Vertrag für eine Union-SPD-Koalition vorbereiten sollen. Danach ist ein „Finanzcheck“ geplant, bevor die Parteien festlegen, ob sie gemeinsam eine Regierung bilden wollen. Geht alles nach Plan, soll die neue deutsche Regierung bis Ostern stehen.

>read more at © ORF

Views: 0