Zu Besuch im Lercher-Land und der Khom-Kommune

St. Peter am Kammersberg. Eine Gemeinde, die auf jeder Liste der Orte, die man unbedingt noch sehen muss, fehlt. Außer die Gemeinderatswahl in 284 Gemeinden der Steiermark steht an, und nach Verlusten bei der Landtagswahl hat die SPÖ mit Max Lercher einen neuen Vorsitzenden, der in St. Peter am Kammersberg zumindest seinen Hauptwohnsitz hat.

In der Steiermark wird am Sonntag in 284 Gemeinden gewählt. So auch in St. Peter am Kammersberg. Auffällig ist: Während ÖVP und SPÖ im ganzen Land die jeweiligen Spitzenkandidaten plakatieren, zeigt die FPÖ vor allem den Landeshauptmann her.
Guido Gluschitsch

Die fast 2000 Einwohner zählende Gemeinde liegt im Norden des Bezirks Murau und besteht aus sieben Ortschaften. Es gibt hier schöne Wanderwege, liebevoll erhaltene alte Häuser, ein Freibad und anscheinend nur freundliche Menschen. Zumindest habe ich keine anderen getroffen. 2005 hat die SPÖ hier die Gemeinde von der ÖVP übernommen, von Wahl zu Wahl aber immer mehr Stimmen verloren. Seit 2020 regiert die ÖVP wieder mit absoluter Mehrheit. Doch das wird sich nun ändern, erzählt ein Mann, der gerade dabei ist, im Garten seinen Obstbaum zu schneiden.


Stimmen aus dem Land für die Gemeinde

“Sicher kennen wir den Lercher-Max. Er wohnt ja mit seiner Lebensgefährtin und dem Kind da”, kommt der Mann schnell auf den neuen Landeschef der SPÖ Steiermark zu sprechen. Er und der Max haben sogar gemeinsame Kontakte, und so weiß der Mann mit der Gartenschere angeblich auch ziemlich genau, wie der Lercher tickt und denkt. “Ich kenne ihn aber auch schon, da war er noch ein Kind.” Was er anscheinend nicht weiß, ist, dass Lercher nicht nur hier in St. Peter, sondern auch in Bad Aussee wohnt. Sicher wird die SPÖ im Ort wegen ihm ein paar Stimmen dazugewinnen, ist der Mann überzeugt. Die ÖVP wird ordentlich und die Absolute verlieren. “Aber nicht wegen den Roten”, erklärt der Herr. “Mia ham noch an ausm Land bei uns.” Und der werde dafür sorgen, dass es bei der Wahl ordentlich raschelt.

Alexander Putzenbacher ist Landtagsabgeordneter und Spitzenkandidat der FPÖ in St. Peter.
Guido Gluschitsch

Am 21. Jänner wurde der Landwirt Alexander Putzenbacher aus St. Peter am Kammersberg als Landtagsabgeordneter der FPÖ Steiermark angelobt. Er ist auch der freiheitliche Spitzenkandidat bei der Gemeinderatswahl in St. Peter. Auf ihn setzt auch eine Frau im Ort große Hoffnungen. Weil: “Der Lercher ist schon so lange in der Politik und sitzt sogar im Nationalrat. Er hätte viel verändern können, hat aber nix erreicht, weil außer plaudern tut er nicht viel”, entschuldigt sich die Dame auch gleich für ihre Offenheit. Sie redet sich trotzdem umgehend in Rage.


Schimpfen über St. Peter

“Schauen Sie, die Straße”, deutet sie auf den Boden und rauf zur Kreuzung. “Olles hin. Mitten im Zentrum. Leere Häuser. Der Friseur hat zugesperrt. Wirtshäuser haben wir im Ort auch keine mehr. Am Dienstag musst als Gast bei uns überhaupt fasten, ob du willst oder nicht, weil alles zu hat”, wettert sie.

Das Wirtshaus im Zentrum von St. Peter hat geschlossen.
Guido Gluschitsch

“Der Gemeinde geht es finanziell schlecht. Es gibt schon Gerüchte, dass sie die Angestellten bald nimmer zahlen kann.” Max hätte doch locker im Bund Fördertöpfe, die nicht ausgeschöpft wurden, für die Heimatgemeinde leeren können. Gemacht habe er aber nichts. Doch, doch, das ginge, ist die Frau überzeugt.

Die FPÖ Steiermark habe ja angeblich auch in die Kasse gegriffen, aber herausgekommen ist bei dem Finanzskandal bis heute nichts. Alle greifen sie in den Futtertrog, meint sie. Ihre große Hoffnung setzt sie deshalb in den Mann, der hier im Ort einen Bauernhof gekauft hat, in dem jetzt eine Hühnerfarm ist. Da hilft und hält die ganze Familie zusammen. Auch sie spricht eben von Putzenbacher.


Schöner als Wien

Die Blauen, ist sich die Dame sicher, werden ihre Mandate ausbauen, die Schwarzen die Absolute verlieren. Und die Roten? Die sind der Frau gerade einmal ein Schulterzucken wert. “Müssen S’ schon verzeihen”, sagt sie noch einmal, “aber so seh ich das.”

Nur ein paar Hundert Meter weiter sieht eine andere Frau ebenfalls, dass es mit der Gemeinde bergab geht, aber sie schätzt den Ort dennoch sehr, weil es hier so schön ist. Die pensionierte Lehrerin hat hier ihren Zweitwohnsitz. Am Auto ist ein Wiener Kennzeichen. Sie hat mit viel Aufwand das Haus, in dem einst ihre Mutter lebte, restauriert. Gleich daneben steht noch ein hübsches altes Haus, ein Geschäft. Auf der anderen Seite haben die übernächsten Nachbarn offensichtlich ebenfalls viel in den Erhalt des Gebäudes investiert.

Die FPÖ teilt Werbematerial aus und ist sich in St. Peter sicher, die Absolute der ÖVP brechen zu können.
Guido Gluschitsch

Dort wohnt ein älteres Ehepaar. Er arbeitet in der Werkstatt und schaut nur heraus, wenn seine Frau ihn ruft. Sie kehrt die Einfahrt und erklärt, recht froh darüber zu sein, dass der Max jetzt wieder mehr da sei. Sie mag ihn sehr. Aber das sei kein Wunder. Sie sei ja auch mit dem Max verwandt, sagt sie.


Doch das hält den FPÖ-Funktionär, der gerade durch den Ort geht und Wahlgeschenke verteilt, nicht davon ab, auch ihr eines in die Hand zu drücken. “Ich glaub, wir werden die Absolute der Schwarzen brechen”, erklärt er. Über den Max will er nichts Schlechtes sagen. Schon gar nicht hier.


Persönlichkeitswahl

Etwas weiter weg, in einem Gemüsegarten vor dem Haus, kramperlt eine Frau herum. “Wir ham scho a Idee, was ma bei der Wahl machen werden”, sagt sie. “Schauen Sie, mein Mann war Arbeiter.” Sie zwinkert mit einem Aug. “Mir ham auch schon anders gewählt. Aber das ist jetzt eine Persönlichkeitswahl”, erklärt sie. Und dass der Max jetzt wieder in der Steiermark und nimmer im Burgenland ist, das sei gut und richtig. Zuletzt unterstützte Lercher Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil im Landtagswahlkampf und davor, als es um den Bundesparteivorsitz der SPÖ ging.

Auch in Laßnitz bei Murau plakatiert die FPÖ Mario Kunasek.
Guido Gluschitsch

Mit dem Burgenland verbindet auch Manuela Khom viel. Sie ist die neue Frau an der Spitze der ÖVP Steiermark und Landeshauptmann-Stellvertreterin. Sie ist in Eisenstadt geboren, ging in Breitenbrunn, Purbach und Eisenstadt in die Schule. Seit 2010 sitzt sie im steirischen Landtag. Sie ist verheiratet, hat zwei Kinder und wohnt inzwischen in Laßnitz bei Murau, nur ein paar Kilometer von St. Peter am Kammersberg entfernt.


Die Burgenländerin in der Steiermark

Laßnitz in der Steiermark ist so ziemlich das genaue Gegenteil von St. Peter am Kammersberg. Zumindest wenn man davon absieht, dass auch hier die ÖVP mit absoluter Mehrheit regiert. Obwohl, auch das muss man konkretisieren. Laßnitz ist eine sehr kleine Ortschaft, die 2022 ganze 23 Einwohner zählte. Und eine, die bei der Strukturreform 2015 eingemeindet wurde. Laßnitz bei Murau gehört nun zu und ist damit Murau. Obwohl, um von Murau schnell nach Laßnitz zu kommen, fährt man über Kärnten. Das sagt nicht nur in diesem Teil der Steiermark einiges aus.

Laßnitz hat noch ein Gasthaus. Auch wenn es beim Besuch geschlossen hatte.
Guido Gluschitsch

Das Einzige, was beim Besuch in Laßnitz auf der Straße ist, ist eine Kehrmaschine der Stadtgemeinde Murau. Sie wirbelt in doppelter Hinsicht: Lärm und Staub. Nicht einmal der Fahrer grüßt. Das Gasthaus hat Ruhetag. Nur hinten in der Ortschaft, wo es schon den Hügel raufgeht, bellt ein Hund. Sonst sieht man hier niemanden. Kunststück – sind die meisten Zäune doch so hoch und abweisend, dass man auch so weiß, dass auf den meisten Türmatten wohl “Schleich dich!” steht.

Sehr willkommen fühlt man sich in Laßnitz als Besucher nicht.
Guido Gluschitsch

Was die Leute hier über ihre Landeshauptmann-Stellvertreterin und ihre Auswirkung auf die Gemeinderatswahl denken? Diesmal bleibt es ein Geheimnis. (Guido Gluschitsch, 19.3.2025)


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